VfL Wolfsburg demütigt FC Bayern und Klinsmann

Die Akteure hilflos, der Cheftrainer Jürgen Klinsmann ratlos, der Vereinsführung fehlten die Worte. Der deutsche Rekordmeister FC Bayern München hat sich bei der peinlichen 1:5 (1:1)-Demütigung durch Felix Magaths Wölfe weder meisterschaftswürdig noch reif für das Viertelfinale in der Champions League beim FC Barcelona präsentiert.

Nach der höchsten Bundesliga-Pleite seit dem 26. Januar 2002 gestand Coach Klinsmann ein: “Das tut weh. Natürlich sind wir bedient. Das ist schlichtweg enttäuschend, aber wir müssen es schlucken. Es ist klar, dass die Stimmung alles andere als gut ist.”

Der Ex-Trainer des FCB Magath strahlte dagegen bis über beide Ohren. Neben der Freude über Platz eins in der Tabelle dürfte dem Chefcoach der Niedersachsen die Demontage der Bayern auch eine späte Genugtuung für die Entlassung in München vor gut zwei Jahren verschafft haben. Der Bayern-Schmach die Krone setzte Grafite mit seinem Treffer der Extra-Klasse auf. Der Brasilianer düpierte vor seinem 20. Saisontreffer die komplette Defensivabteilung des FC Bayern inklusive Schlussmann Rensig, um dann das Spielgerät mit der Hacke in die linke Ecke zu befördern – davon wird die Fußball-Welt noch lange sprechen. Für Grafite war es das “schönste Tor, das ich jemals geschossen habe.”


Manager Uli Hoeneß und den anderen Bayern-Oberen hatte es nach der Klatsche die Sprache verschlagen. Wort- und grußlos verließen sie die Stätte der Schmach. Dabei hatte eigentlich alles programmgemäß für den deutschen Rekordmeister begonnen. Auch ohne den gesperrten Martin Demichelis und den aus privaten Gründen frei gestellten Daniel van Buyten kontrollierten die “Klinsmänner” die Partie und zeigten nach dem Rückstand durch ein Kopfballtor von Christian Gentner (44.) die von ihnen gewohnte Reaktion und glichen durch Luca Tonis Comeback-Tor nach mehrwöchiger Verletzungspause postwendend aus.

Da war die Bayern-Welt noch in Ordnung. Was danach geschah, war selbst für Klinsmann nur schwer zu erklären. Und er musste es doch versuchen. “Wir haben viel zu viele Fehler in der Rückwärtsbewegung gemacht, auch individuelle Fehler – das ist fatal und schlecht“, kritisierte der Bayern-Coach angesichts des Desasters nach Wiederanpfiff. Die umformierte Innenverteidigung mit Ersatzmann Breno und dem nach einer Verletzung im Spielverlauf indisponierten Lucio, der deshalb auch vorzeitig das Feld verlassen musste, wurde von der Wolfsburger Abteilung Attacke brutal vorgeführt.

Erst stellte Edin Dzeko (63./65.) mit seinen Saisontoren 14 und 15 die Weichen auf Sieg. Dann übernahm Grafite (74./77.) mit den Treffern 19 und 20 die alleinige Führung in der Torschützenliste. Das Spektakel animierte 30.000 prächtig gestimmte VfL-Fans in der prall gefüllten Volkswagen Arena endgültig zu Meisterschaftsgesängen und ließ den demoralisierten Rivalen verstummen. Bis auf Klinsmann, denn der musste die Pleite erklären. “Wir werden über die Fehler reden – mit jedem Einzelnen“, kündigte er an und versprach: “Wir stehen wieder auf und werden ein gutes Spiel in Barcelona machen.”

Mehr und mehr in Erklärungsnot gerät auch Magath. Dem 55-Jährigen nimmt nach dem achten Sieg in Folge keiner mehr ab, weiter nur an die Sicherung des UEFA-Cup-Platzes zu denken. “Wir haben eine super zweite Halbzeit hingelegt, wie wir sie auch nicht oft in der Saison spielen. Über die Meisterschaft brauchen wir aber im Moment noch nicht zu reden“, befand Magath immer noch zurückhaltend. Auf die Frage nach seinem Titel-Favoriten antwortete er: “Bayern München.”


Und doch war da so ein Timbre in der Stimme und ein Leuchten in den Augen, die den Erfolgshunger des VfL erahnen lassen. Zwar gab ihr Leitwolf einmal mehr vor, nur das jeweils nächste Spiel im Blick zu haben. Das aber kann für die Konkurrenz höchst gefährlich werden. Denn die Torfabrik der Liga mit Grafite und Dzeko (zusammen 35 Treffer) dürstet nach weiteren Erfolgserlebnissen.