Löw: Aufstellung gegen Polen geheime Chefsache

Bundestrainer Jogi Löw hat die taktische Aufstellung gegen den ersten Gruppengegner aus Polen zur geheimen Kommandosache erklärt. Dagegen wird um die Bedeutung eines Siegs der Partie in der EM kein Geheimnis gemacht.

Schlussmann Jens Lehmann erklärte mit Rückblick auf das Sommermärchen bei der WM 2006 und dem damit Zusammenhang stehenden Auftaktsieg: “Ein guter Start entfacht eine Euphorie, auf der nicht nur wir Spieler, sondern auch unsere Fans reiten.” Zudem bekräftigte DFB-Chef Theo Zwanziger, dass die Mission “Bergtour 2008” bis ganz nach oben führen soll: “Die Menschen in Deutschland erwarten ein gutes Turnier und ein Team mit Charakter, das die Menschen in den Bann ziehen kann“, erklärte der Präsident, der das Team um Nationalmannschafts-Kapitän Michael Ballack im EM-Quartier in Ascona auf das große Ziel eingeschworen hat: “Packen wir es an!

Zwanziger vermied auf der ersten live übertragenen Pressekonferenz zwar eine Vorgabe an Löw, doch nach 2000 und 2004 wäre ein erneutes Vorrunden-Aus wohl inakzeptabel. “Ich habe nicht die Aufgabe, dem Bundestrainer Vorgaben zu machen. Löw ist ein großartiger Trainer. Ich weiß, dass er den Titel will. Das ist seine eigene Vorgabe“, so Zwanziger. Die Leitung der sportlichen Abteilung wird, nachdem der DFB mit 20 Millionen Euro für den angepeilten Erfolg in Vorleistung gegangen ist, in der Pflicht stehen. “Jeder weiß, was er dem anderen schuldig ist und jeder weiß von dem anderen, welche Verantwortung er zu tragen hat“, unterstrich Zwanziger.


Der Coach ist sich der Verantwortung durchaus bewusst, geht aber mit Blick auf die “Leistungsdichte” bei der EURO 2008 vorsichtig mit Minimalzielen um: “Man kann erst am Ende bewerten, was die Mannschaft gebracht hat.” Nun sei man an der Reihe dem Titelvorhaben, welches auch Spieler und Funktionäre immer wieder formuliert haben, Taten folgen zu lassen. “Man muss hart arbeiten, mit großen Sprüchen geht das nicht“, erklärte Zwanziger.


Michael Ballack beim Training.

Teammanager Oliver Bierhoff betonte, dass der dritte der WM 2006 “sehr konzentriert und detailliert” arbeitet. Die Übungseinheiten werden aber überwiegend unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehalten. Während des Turniers werde es kein öffentliches Training geben. Auch heute mussten die 150 Pressevertreter nach dem Aufwärmtraining das Gelände verlassen. Niemand und auch kein “Spion” soll Polen-Trainer Leo Beenhakker Bericht über die DFB-Elf erstatten können.

Einzig, dass kurz vor dem Startschuss der EM alle 23 Profis einsetzbar sind, sorgte für “ein Lächeln” auf Löws Gesicht, verriet Bierhoff. In Sachen Aufstellung aber setzen alle Beteiligten ein Pokerface auf: “Schwere Entscheidungen” sind zu treffen, so der Teammanager mit ernster Mine. Im Verborgenen des Mannschafts-Hotels wird ausgiebig getüftelt und gerübelt. “Es beginnt das Kopfzerbrechen: Wie stellen wir auf?”, so Bierhoff.

Lukas Podolski, der heute seinen 23. Geburtstag feiert, ist dabei zur Schlüsselperson geworden. Welche Rolle der Bayern-Profi einnehmen wird behandelt man streng vertraulich. Wie Löw betonte, sei das Geburtstagskind sowohl als Partner von Miroslav Klose als auch Linksaußen im Mittelfeld eine Wahl. In einem “Welt”-Interview sagte der Angreifer, dass die Variante als verkappter Linksaußen in der Nationalmannschaft schon “ganz gut geklappt” hat. “Aber eigentlich bin ich ein Stürmer“, fügte er hinzu. Wie Podolski nun eingesetzt wird hängt auch ab, ob Schweinsteiger links oder rechts im Mittelfeld agieren wird und ob für Mario Gomez (Sturm) oder Clemens Fritz (rechtes Mittelfeld) eine Verwendung in der Anfangsformation bleibt. “Es sind schwere Entscheidungen zu treffen“, meinte Bierhoff.


Zum Start des Turnieres wird auch die etwas wackelige Defensivabteilung um Neu-Stuttgarter Jens Lehmann und Christoph Metzelder zur alten Stärke zurückfinden – glaubt zumindest Lehmann: “Wir Deutschen machen uns doch gerne Sorgen“, entgegnete Deutschlands Nummer 1 etwaige Befürchtungen in diese Richtung. Man habe mit den unmittelbar Beteiligten bei der Video-Analyse die Testspiele intensiv die Fehler in Augenschein genommen, wie der Keeper mitteilte. “Die Trainer haben nochmal angesprochen, wie wir uns zu verhalten haben.” Das Lehmann noch vor dem Auftaktspiel gegen Polen seine Zukunft klären konnte, wurde mit Freude zur Kenntnis genommen. “Wir sind froh, dass er die Diskussionen zur Seite geschoben hat“, verriet Bierhoff.


Jens Lehmann (r) und René Adler beim Training