Beim Fußball-Bundesligisten und deutschen Rekordmeister FC Bayern München stehen die Kandidaten für die Mannschaftskapitäns-Binde Schlange, aber Coach Jürgen Klinsmann hält sich zunächst noch bedeckt. Der Übungsleiter will erst “kurz vor dem Saisonstart” preisgeben, wer die Nachfolge von Oliver Kahn antritt.
Die Liste ist lang und reicht von den favorisierten Philipp Lahm und Lucio über Weltmeister Luca Toni, Publikumsliebling Franck Ribéry, Mark van Bommel, Martin Demichelis bis hin zum Torschützenkönig der WM 2006 Miroslav Klose und dem einst designierten Kahn-Nachfolger Willy Sagnol.
Beim gestrigen (13.7.) 7:1-Test-Sieg beim SV Lippstadt 08 trug van Bommel die Binde, was aber maximal darauf hindeutet, dass er zu den Kandidaten zählt. Zudem sind die EM-Teilnehmer wie Lahm und Toni noch im Urlaub. “Mit der Kapitäns-Frage lassen wir uns Zeit“, betonte Klinsmann.
Franz Beckenbauer, Präsident und von 1970 bis 1977 selbst Kapitän bei den Bayern benannte sein ganz persönliches Anforderungsprofil: “Es muss ein richtiger Kerl sein“. Der Nachfolger vom Torwart-Titan Oliver Kahn müsse nicht nur im eigenen Team als Anführer akzeptiert sein, meinte Beckenbauer, sondern er soll auch den Gegnern auf dem Spielfeld Respekt einflößen können.
Erst 13 Namen umfasst die Liste der Kapitäne in der 43-jährigen Bundesliga-Geschichte des FCB zu denen unter anderem Beckenbauer, Maier, Breitner, Rummenigge, Augenthaler, Matthäus, Effenberg, Kahn zählten. Nun ist ja bekannt, dass Klinsmann ein großer Reformer ist und man könnte ihm zutrauen, dass er beim FC Bayern auch beim Kapitäns-Amt absolutes Neuland betritt und sich erstmals für einen ausländischen Kapitän entscheidet.
Als Klinsmann im Sommer 2004 vor seinem ersten Spiel als Bundestrainer gegen Österreich Oliver Kahn absetzte und Michael Ballack die Binde gab, setzte er ein deutliches Zeichen. Ballack war derzeit als Stammspieler umstritten, dagegen hetzte Klinsmann damals Kahn in den Torhüter- Wettstreit mit Jens Lehmann, der Kahns Position im Team schwächte.
Vor diesem Hintergrund scheint es wahrscheinlich, dass auch beim FC Bayern für Klinsmann nur ein gesetzter Leistungsträger infrage kommt, wie zum Beispiel Lahm. Der Nationalspieler und gebürtige Münchner ist zwar erst 24 Jahre alt und mit seiner Größe von nur 1,70 Meter schmächtig von Statur, aber er ist zu einer Persönlichkeit gereift und auch innerhalb der Mannschaft sehr angesehen. Und der Verteidiger hat sein Interesse auch bereits in aller Öffentlichkeit deutlich bekundet: “Ich fühle mich reif für diese Aufgabe.”
Für Weltmeister Toni (“Das entscheidet allein der Trainer“) oder Vize-Weltmeister Ribéry würden zwar die sportliche Klasse und das internationale Ansehen sprechen, aber nicht ihre geringen Deutsch- Kenntnisse. Leader-Qualitäten hat definitiv der Niederländer van Bommel, der auch gerne mit den Schiedsrichtern diskutiert.
Versprochen hatte der Bayern-Vorstand einst Sagnol die Kahn- Nachfolge. “Ich bin am längsten bei Bayern“, betonte der seit acht Jahren in München spielende Franzose. Er ist nach Kahns Rücktritt der einzige verbliebene Champions-League-Sieger von 2001 im Kader. Der Verteidiger muss sich aber erst wieder einen Stammplatz erkämpfen. “Ich will über das Thema nicht mehr reden. Das ist eine Frage an den Trainer und den Vorstand“, sagte Sagnol zur brisanten K-Frage.