1899 Hoffenheim: Rangnick fürchtet Euphorie nicht

Nach dem Satz von Aufsteiger 1899 Hoffenheim auf den zweiten Tabellenplatz im Fußball-Oberhaus macht sich Trainer Ralf Rangnick keine Gedanken darüber, dass seine talentierten Akteure abheben könnten.

Die Jungs sind alle charakterlich sauber, die sind geerdet“, sagte der 50-jährige Übungsleiter in einem Interview mit der dpa. Allerdings warnt der Coach davor, dass der Anpassungsprozess an die Fußball-Bundesliga noch nicht abgeschlossen sei. Wenn die Entwicklung seiner Profis jedoch in dieser Geschwindigkeit weitergehe, seien einige auch bald ein Thema für das National-Team.

Nach dem furiosen 4:1 gegen Borussia Dortmund liegt das jüngste Team der Bundesliga nach fünf Spieltagen nur einen Zähler hinter Tabellenführer Schalke 04. Am 6. Spieltag geht es zum Spitzenspiel nach Bremen. “Die Stimmung in der Mannschaft ist gut, aber das war sie eigentlich in den letzten beiden Jahre schon“, sagte Rangnick. Die Spieler sind nach zwei Aufstiegen hintereinander Erfolge gewohnt. Im Team gebe es keine übermäßige Euphorie, sagte Rangnick, und im Umfeld störe sie ihn nicht im geringsten: “Die kann von mir aus grenzenlos werden.”

Der ehemalige Trainer des VfB Stuttgart, FC Schalke 04 und von Hannover 96 ist mit dem Entwicklungsprozess seiner Akteure zufrieden. Spätestens nach der 2:5-Pleite bei Bayer Leverkusen habe die Truppe begriffen, “dass wir in dieser Liga noch mal zulegen und immer wieder ans Limit gehen müssen“. Lehrgeld habe man bei der derzeitig einzigen Saison-Schlappe aber nicht gezahlt. “Ich glaube nicht, dass das mit mangelnder Erfahrung zu tun hatte, wir haben einfach bei Standardsituationen ein paar Dinge falsch gemacht.” Er sehe keinen Grund, warum die rasend schnelle Entwicklung seines sehr jungen Teams nicht weitergehen solle.


Erster Kandidat für Bundestrainer Joachim Löw ist für den Coach einer seiner Defensiv-Akteure. “Es heißt immer, es gebe keine guten deutschen Innenverteidiger. Wenn die beim DFB aufmerksam scouten, dann wird man auch mal auf Marvin Compper stoßen“, so Rangnick. “Zehn bessere wie den gibt es in Deutschland nicht, da lege ich mich jetzt mal fest.” Der 23 Jahre junge Compper war in der Winterpause vom Liga-Konkurrenten und Mitaufsteiger Borussia Mönchengladbach gekommen, wo er in den Planungen der Fohlen keine Rolle spielte. Beim “Dorf-Club” bildet er im Verbund mit dem schwedischen Kapitän Per Nilsson eine starke Deckung.

Zudem geht Rangnick davon aus, dass auch andere Spieler aus seiner Mannschaft für die DFB-Auswahl interessant werden können. “Wir haben viele potenzielle Kandidaten. Wichtig ist erstmal, dass das richtig gute Bundesligaspieler werden und da sind sie auf einem guten Weg.” Weiterhin gehören mit Andreas Beck (21) und Tobias Weis (23) zudem zwei weitere junge deutsche Spieler zum Stamm-Team.

Fast zehn Jahre nach seinem Debüt als Chef-Coach 1999 in der Eliteklasse beim VfB Stuttgart wartet Rangnick aber noch auf einen Titel. Verpassten Chancen trauert er nicht hinterher. “Vieles, was passiert ist, ist mir soviel Wert wie eine deutsche Meisterschaft.” Dazu gehören die Aufstiege mit Hoffenheim und eine sehr gute Zweitliga-Spielzeit 2001/02 mit Hannover. Die Möglichkeit gleich einen Titel einzufahren schätzt er trotz des derzeitigen Höhenflugs auch weiter als gering ein: “Ob das mit Hoffenheim in den nächsten zwei Jahren realistisch ist, das glaube ich eher nicht.”