Wer wird “Feuerwehrmann” beim FC Chelsea?

Das kurze Gastspiel von Coach Luiz Felipe Scolari beim englischen Premier-League-Club FC Chelsea ist seit gestern beendet. Nun ist bei den Blues eine heiße Diskussion um einen neuen Übungsleiter entbrannt.

Viele Namen geistern durch die Presse: So fielen Namen wie der ehemalige Barcelona-Trainer Frank Rijkaard, der bei Inter Mailand vor die Tür gesetzte Roberto Mancici, oder auch der Wunschkandidat von Chelsea-Besitzer Roman Abramowitsch Russlands niederländischer Auswahl-Coach Guus Hiddink. Wer soll den Club von Nationalmannschaftskapitän Michael Ballack wieder auf Kurs bringen und die Nachfolge von dem gestern nach nur sieben Monaten entlassenen Scolari antreten? Zudem spekuliert man auch über Carlo Ancelotti (AC Mailand) oder auch Scolari-Vorgänger Avram Grant (arbeitslos) und José Mourinho (Inter Mailand).

Fakt ist aber, dass der Londoner Club zumindest bis zum Ende der laufenden Spielzeit einen “Feuerwehrmann” braucht. Dieser hat dann die ehrenvolle Aufgabe zu retten, was noch zu retten ist. Sollte dieser dann erfolg haben, winke ihm immerhin ein langfristiges Engagement. Wie britische Medien berichten, vollzog Abramowitsch persönlich die Scolari-Entlassung. Scolari selbst nahm die erst zweite Entlassung in seiner immerhin 27-jährigen Trainerlaufbahn gelassen hin und bedankte sich, dass er im englischen Fußball arbeiten durfte.


Dezent wies der brasilianische Weltmeister-Coach von 2002 darauf hin, dass die Blues in der Champions League, im FA-Cup und trotz ihrer sieben Punkte Rückstand auch in der Premier League noch gute Erfolgsaussichten haben. “Ich wünsche Chelsea viel Glück in den drei Wettbewerben, in denen sie um den Titel spielen“, sagte Scolari, der noch mindestens bis zum Sommer in London bleiben will und wohl auf einen neuen Job im Fußball-Mutterland hofft.

Ballack äußerte sich wenige Stunden vor Scolaris Entlassung im Kreis der deutschen Nationalmannschaft nur allgemein zur Situation bei seinem Club. “Wir haben mit Chelsea ein bisschen den Anschluss verloren. Vor allem durch die vielen Unentschieden zu Hause haben wir unsere gute Ausgangsposition verschenkt. Nun muss erst mal Stabilität rein, wir müssen uns zurückkämpfen, Schritt für Schritt“, so Ballack am Montagnachmittag. Als am Abend die Trennung von Scolari bekanntwurde, ließ er über die Presseabteilung des Deutschen Fußball- Bundes (DFB) erklären, dass er dazu keinen Kommentar abgeben wolle.

Sir Alex Ferguson von Meister und Tabellenführer Manchester United hingegen zeigte sich geschockt von der Entlassung des Kollegen. “Ich bin sehr überrascht. Es ist ein Zeichen der Zeit. Niemand hat mehr Geduld in der heutigen Welt“, monierte Ferguson, der der britischen Presse eine Mitschuld gab. “Jedes Mal, wenn jemand ein schlechtes Ergebnis hat, wird das sofort als Sensation behandelt.”

Die kritisierten Medien schossen sich auf Club und Spieler der auf Rang vier abgerutschten Blues ein. Eine “richtungslose Farce”, inszeniert vom russischen Eigner, erkannte das Boulevardblatt “Daily Mail” bei Chelsea, das in fünf Jahren seit der Abramowitsch-Übernahme 2003 in Claudio Ranieri, Mourinho, Grant und Scolari vier Trainer verschlissen hat.


Gefordert ist offenbar, dass man Meister wird und dabei wie ein Seelöwe den Ball auf der Nase balanciert“, schrieb das Blatt zu den schwer erfüllbaren Abramowitsch-Wünschen. Der seriösere “Daily Telegraph”, der sich auch einen Seitenhieb auf Ballack (“der erste Import aus dem BMW-Land mit nur einem Gang”) nicht verkniff, erkannte Chelseas Probleme eher bei den Profis und forderte angesichts des recht alten Teams einen generellen Neuanfang: “Ebenso dringend wie einen neuen Trainer braucht Chelsea einen neuen Ansatz in allen Teilen des Clubs, von der Kabine bis zum Vorstandszimmer.” (dpa)