Schalke 04: Rutten und Müller mächtig unter Druck

Trouble statt Ruhe und Konzentration – nach dem Fall auf Rang neun in der Fußball-Bundesliga hat beim FC Schalke 04 zum denkbar ungünstigen Zeitpunkt vor der so wichtigen UEFA-Pokal-Partie bei Twente Enschede wieder einmal ein Selbstzerstörungsprozess eingesetzt.

Aus allen Ecken hagelt es Kritik, und die Club-Verantwortlichen scheinen die Lawine schwerlich aufhalten zu können. Nun hat sich sogar Ex-Manager Rudi Assauer aus der Reserve locken lassen und in einem Interview mit dem “Express” (Dienstag-Ausgabe) ein vernichtendes Urteil über seinen Nachfolger Andreas Müller sowie die übrigen Schalker Vereinsbosse: “Die haben es doch selbst verbockt. Warum sollte ich denn Mitleid haben?”

Die “Bild”-Zeitung sieht die Gelsenkirchener schon auf der Suche nach einem Nachfolger für Müller, der sich aufgrund seiner Personal-Politik mächtigen Gegenwind ausgesetzt sieht. “Müller vor dem Aus“, schrieb das Blatt und brachte den vor zweieinhalb Jahren aus der Arena gehetzten Assauer als eventuellen Heilsbringer ins Spiel. Der 64-Jährige nahm die Vorlage der “Bild” auf. “Wenn Schalke lichterloh brennt, und alle sich einig sind, dass ich helfen soll, dann bin ich im äußersten Notfall bereit, für sechs Monate auszuhelfen.” Seine Bereitschaft zur Rückkehr knüpfte Assauer aber an die Bedingung, dass er nicht “mit den Leuten zusammenarbeiten muss, die mich damals zum Rücktritt gebracht haben. Das wäre für mich unvorstellbar“.


Das aber würde bedeuten, dass der Schalke-Vorstand um Präsident Josef Schnusenberg und der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies, der Assauers Rausschmiss seinerzeit forcierte, den Hut nehmen müsste. Das ist kaum vorstellbar, auch wenn auf Schalke in der unübersichtlicher Lage mit Intrigen fast alles möglich scheint. Der “kicker” berichtete bereits von “Planspielen in Club-Kreisen”, den früheren Coach Huub Stevens (PSV Eindhoven) als Nachfolger seines glücklosen Landsmannes Fred Rutten zurückzuholen.

Rutten wird von der Wucht der reflexartigen Mechanismen in dem nervösen Umfeld derzeit völlig übermannt. “Wenn man auf Schalke einmal verliert, ist das schon eine Krise“, klagte der 45 Jahre alte Fußball-Lehrer, der jahrelang im beschaulichen Enschede ohne mediale Störfeuer und mit voller Rückendeckung der Clubführung äußerst erfolgreich arbeiten konnte. Nicht nur Twente-Vereinschef Joop Munstermann weiß, dass Rutten Zeit benötigt, um seine Philosophie umzusetzen: “Wenn Schalke klug ist, darf Fred bleiben und sein Konzept umsetzen. Seine Teams sind immer in der zweiten Saisonhälfte am erfolgreichsten. Er braucht eben eine gewisse Zeit, aber seine Mannschaften werden dann fast unschlagbar.”

Ob Rutten und Müller diese Zeit noch bekommen, ist unsicherer denn je. Denn statt dem Duo zu vertrauen und intern wie extern ein Machtwort zu sprechen, leisteten die Clubbosse ähnlich wie bei Ex- Coach Mirko Slomka den Kritikern Vorschub. Als die Ergebnisse ausblieben, nährte Präsident Schnusenberg öffentlich Zweifel an Müllers Kompetenz und Einkaufspolitik (“Vielleicht hätte er sich in dem einen oder anderen Fall genauer erkundigen sollen“). Und Tönnies setzte Team und Trainer nach der Niederlage in Leverkusen mit seiner Forderung nach zehn Punkten aus vier Spielen bis zur Winterpause erst unter Druck, um nun mahnend den Finger zu heben: “Wir müssen Ruhe bewahren. Es wird keine Kurzschlussreaktion geben.”


Die verunsicherten Spieler können mit einem Sieg in Enschede und einem versöhnlichen Hinrunden-Abschluss gegen Hertha BSC und in Hoffenheim das Ruder vielleicht noch herumreißen. Die Wiedersehensfreude von Rutten, Co-Trainer Youri Mulder und Orlando Engelaar mit ihrem Ex-Club ist aber mehr als getrübt. Aus dem ursprünglich geplanten Freundschaftstreffen wird ein Duell mit Finalcharakter. Müller forderte: “Wir brauchen jetzt die Unterstützung von allen, die Schalke so liebgewonnen haben.”