Klinsmann-Euphorie verpufft: FC Bayern im Tief

Anfangs überheblich, später überrascht und dann sogar überfordert: Anstelle der angekündigten und erhofften Wiedergutmachung für die 2:5-Blamage gegen Werder Bremen gab es für den deutschen Rekordmeister FC Bayern München eine erneute Schlappe.

Nach der peinlichen 0:1 (0:1)-Pleite bei Hannover 96 machte der FCB den schlechtesten Start in die eine Bundesliga-Saison seit 31 Jahren perfekt. Und dank seiner Rotation hat Jürgen Klinsmann als Trainer seinen Anteil am Absturz auf Platz neun. “Wir haben uns schon verarscht gefühlt“, meinte Hannovers Angreifer Mike Hanke zu Klinsmanns komischen Tausch-Aktionen: “Da hat uns unser Trainer gesagt: Jetzt erst recht.”

Welcher Druck bereits auf den Schultern der Verantwortlichen vor dem zweiten Champions-League-Auftritt gegen Lyon lastet, konnte man den Reaktion von Uli Hoeneß entnehmen. Wenn Hoeneß derart auskeilt wie nach dem harmlosen Gekicke bei der ersten Pleite in Niedersachsen seit 20 Jahren, dann ist eines sicher, es kriselt. “Das ist eine blöde Frage“, polterte der Manager. Dabei hatte man Hoeneß nur auf die fünf neuen Akteure, die überraschend nominierten Breno und Sosa sowie die von Klinsmann gar nicht erst mit nach Hannover genommenen Stammkräfte Zé Roberto und Lucio angesprochen. “Ich bin weit davon entfernt, dem Trainer irgendwelche Ratschläge zu geben“, motzte Hoeneß, gab aber immerhin verärgert zu: “Der Anblick der Tabelle nervt mich.”


Offensichtlich war, dass man in München das Spiel, trotz der 2:5-Niederlage gegen Werder eine Woche zuvor, auf die leichte Schulter nahm. Viel zu lässig und behäbig trat das Starensemble auf und gab sich in der Anfangsphase mit Ballbesitz zufrieden, ohne auch nur ansatzweise für Gefahr zu sorgen. Auch waren sie nicht in der Lage, nach dem Rückstand durch den von Szabolcs Huszti in der 23. Minute verwandelten Freistoß sich auf die neue Situation ein- und ihr Spiel umzustellen. Klinsmanns Feststellungen klangen wie ein Offenbarungseid: “Um das Spiel umzudrehen hat uns vieles gefehlt: Kreativität, Spielwitz, Spiel ohne Ball und Überraschungsmomente.” Zwei Pleiten – so viele hatte Klinsmanns Vorgänger Ottmar Hitzfeld mit München in der kompletten letzten Meister-Saison hinnehmen müssen.

In den gesamten 90 Minuten ersielte sich der Meister ganze zwei Torchancen. Zumindest sah auch Hoeneß: “Wir sind viel zu nachlässig mit dem Spiel umgegangen.” Der erst zur Pause eingewechselte Franck Ribery rätselte nach der erneuten Niederlage: “Ich weiß nicht, was los ist. Ich weiß nicht, ob meine Mitspieler sich im Kopf oder physisch nicht wohlfühlen.”

Auf seine radikale Rotation wollte der Übungleiter indes nichts kommen lassen. “Das ist mit Sicherheit nicht das Problem gewesen, dass wir durchgewechselt haben“, behauptete Klinsmann: “Die Spieler, die wir haben, die sind klasse genug, um dem Spiel den Stempel aufzudrücken.” Auch wenn man die Klasse im gestrigen Spiel nicht zu sehen bekam, versicherte Klinsmann noch: “Wenn wir wieder vor dem Spiel stehen würden, würden wir es genauso machen.”


Hoeneß zischte bei der gleichen Frage mit rotem Kopf: “Hören Sie doch auf, die Niederlage an der Rotation festzumachen.” Dabei war das Signal der Aufstellung offensichtlich, wie Hannovers Nationalkeeper Robert Enke erklärte: “Wir haben gesehen, dass sie viel rotiert haben und wussten, dass sie in dieser Formation nicht eingespielt sein können. Das wollten wir ausnutzen, und das ist uns gelungen.”

Dass der Druck nach nur zwei Siegen in sechs Punktspielen und zehn Gegentoren wächst, ist auch Klinsmann klar. “Es ist ganz normal, wenn man beim FC Bayern ist und da kommt eine Niederlage, dass da immer viel Wind darum aufgebaut wird“, sagte er und versicherte vor dem schweren Heimspiel gegen Lyon: “Da habe ich kein Problem damit. Wenn es mal unruhiger wird, dann gehört es dazu beim FC Bayern München. Das weiß man, wenn man hier angefangen hat.”