Hertha BSC stellt Favre Ultimatum und hofft auf Wende

Der abgestürzte und angeknockte Fußball-Bundesligist Hertha BSC Berlin, derzeit auf dem letzten Tabellenplatz anzutreffen, sucht nach einem Retter. So forderte Sport-Geschäftsführer Michael Preetz vor der Partie im DFB-Pokal beim Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München, dass die “erfahrenen Leute vorangehen müssen. Sie müssen mit dem Druck klarkommen.”

Nach zuletzt fünf Liga-Pleiten hintereinander gerät insbesondere der Stuhl von Chefcoach Lucien Favre ins wanken. Nun wird schon von einem Ultimatum gesprochen, welches zur Länderspielpause Anfang Opktober abgelaufen sein soll. der 51 Jahre alte Fußball-Lehrer wirkt angeschlagen, stellt aber gleichzeitig fest, dass “wir es schaffen können.”

Die Hauptstädter stecken passend zum Herbstanfang tief in der Krise. Wirksame Gegenmittel fand er Trainer bislang aber noch nicht. In der abgelaufenen Spielzeit noch als Architekt eines Erfolgsteams gefeiert, wird Favre nun für die desaströsen Darbietungen seiner Schützlinge verantwortlich gemacht. “Ich mache meinen Job, ich arbeite Tag und Nacht“, entgegnet der Coach, der in seiner Karriere bisher noch nie gefeuert wurde. Allerdings ist die im vergangenen Sommer viel diskutierte Vertragsverlängerung über 2011 hinaus momentan überhaupt kein Thema mehr. Immerhin blockt Preetz einen baldige Trennung von Favre noch ab. “Wir führen keine Trainerdiskussion.”

Aber auch Favre kennt die Gesetze der Branche, ihm helfen nur schnelle Erfolge. “Jedes einzelne Spiel ist eine Chance, die Wende herbeizuführen. Wir müssen uns in diese Saison zurückarbeiten“, sagte Preetz vor der Abreise nach München. Doch nicht nur Favre zittert schon vor der nächsten Blamage bei den “Löwen”. “In unserer Situation ist jedes Spiel gefährlich“, befand der Trainer. “Wir müssen mehr arbeiten, mehr kämpfen, uns mehr konzentrieren. Wir können viel besser spielen

Die Gründe für die Krise sind offensichtlich: Sparzwänge und eine verfehlte Einkaufspolitik haben den Vorjahresvierten enorm geschwächt. Die wenigen verbliebenen Leistungsträger sind verletzt oder wie Kapitän Arne Friedrich im Formtief. “Eine blamable Situation“, bekannte Friedrich. Auch Hertha-Rekordtorschütze Preetz muss sich schon nach wenigen Wochen als Nachfolger des aus dem Amt gedrängten Managers Dieter Hoeneß unangenehmen Fragen stellen. “Ich war als Spieler ein Kämpfer, und bin es auch als Manager“, sagte der 42-Jährige.

Vor dem Pokalspiel bei 1860 stellte die Hertha ihren Profis sogar einen Mentaltrainer an die Seite. “Es ist auch ein psychologisches Problem. Dem werden wir uns widmen“, hatte Preetz schon nach dem 0:4- Debakel gegen den SC Freiburg angekündigt. Die medizinische Abteilung ist in Berlin ohnehin schon im Stress. In München werden die verletzten Gojko Kacar, Steve von Bergen, Artur Wichniarek, Florian Kringe und Stammtorwart Jaroslav Drobny fehlen. Der Einsatz von Offensivmann Lukasz Piszczek ist wegen Leistenbeschwerden fraglich.

Auch bei den mit großen Ambitionen gestarteten “Sechzigern” ist nach dem durchwachsenen Saisonstart Feuer unterm Dach. Trainer Ewald Lienen zeigte sich nach der jüngsten 0:2-Pleite in Aachen “maßlos enttäuscht” und will am Mittwoch kräftig durchwechseln. “Ich werde eine Mannschaft aufstellen, die von der ersten bis zur letzten Minute malocht“, betonte Lienen. Etwas ganz Besonderes wird der Abend für 1860-Schlussmann Gabor Kiraly, der sieben Jahre in Berlin spielte. “Für mich bedeutet Hertha BSC noch sehr viel“, sagte der Ungar. Sein neues Team sieht der Torwart-Routinier jedoch auf Augenhöhe. Kiraly: “Die Chancen stehen 50:50“.