EM 2008: Pause im DFB-Team vorbei – Fokus auf Türkei

Die “Kuschelzeit” im Kreise der Familien mit zwei Tagen ohne Ball ist vorbei und Bundestrainer Joachim Löw hat den Countdown für den heißen Halbfinal-Tanz am kommenden Mittwoch (20:45) gegen die Türkei gestartet.

Erst am heutigen Samstag um 18:00 Uhr war in Tenero wieder Antreten auf dem Trainingsplatz angesagt. Ab sofort zählt nur noch ein Sieg in Basel. “Wir stehen einen Schritt vor unserem großen Ziel, dem Finale. Die Spieler wollen diesen Schritt gehen, das spüre ich“, sagte Oliver Bierhoff. Und Löw, für den nichts anderes zählt, als das Endspiel am kommenden Sonntag in Wien, betonte, die “Belastung nun hochzufahren” und noch lange nicht “nach Hause zu wollen.”


Trotz der Abwechslung nach dem Viertelfinal-Sieg gegen Portugal (3:2) mit Alternativ-Sportarten oder Barbecue im Hotel, schwirrt das Match gegen die Türken im Kopf der Akteure herum. “Es ist schön, wenn die Freundinnen mal ins Hotel kommen können und man früher ins Bett gehen kann“, erklärte Philipp Lahm lächelnd auf dem DFB- Podium. Doch auch am “freien” Wochenende blieb der Fokus eindeutig auf das EM-Ziel gerichtet. “Jetzt gilt die volle Konzentration der Türkei. Wir wollen ins Finale. Dafür tut jeder Spieler alles“, so Lahm.

Per Mertesacker, der seinen Kontrakt bei Werder Bremen gerade bis 2012 verlängerte, blieb mit seiner leichten Erkältung im Hotel und ließ sich Pflegen. Team-Kollege Torsten Frings schonte seine Rippe und will nach dem verpassten Halbfinale bei der WM 2006 im eigenen Land mit einem speziellen Schutz auflaufen. Bierhoff betonte, das Frings “heiß” sein, aber es seien noch Tests im Training und Unterhaltungen mit dem Ärzte-Stab nötig. “Bei einem Halbfinale werden die Trainer nur hundert Prozent fitte Spieler einsetzen“, betonte der Teammanager.

Nach dem letzten Titelgewinn 1996 wittern die Spieler um Kapitän Michael Ballack bei der EM 2008 eine historische Chance. “Es ist an der Zeit, mal wieder Geschichte zu schreiben“, sagte Torwarttrainer Andreas Köpke, der seinerzeit im Kasten stand. Zur Geschichte passt, dass sich die Wege beider Teams erst ein Mal in einem größeren Wettbewerb kreuzten. Und wie der Zufall es so will, war es ebenfalls in der Schweiz: Die späteren Weltmeister um Fritz Walter schlugen 1954 die Türken auf dem Weg zum “Wunder von Bern” sogar zweimal deutlich, 4:1 in Bern und 7:2 in Zürich.

Geht man nach der Statistik, stehen die Chancen auf einen Final-Einzug bei 80 Prozent: Vier von bislang fünf Halbfinal-Spiele einer Europameisterschaft wurden gewonnen. Doch die Statistik soll die DFB-Auswahl ebenso wenig in Sicherheit wiegen wie die Tatsache, dass die Türken auf die gesperrten Tuncay, Arda und Emre Asik und Stamm-Keeper Volkan verzichten müssen. “Das spielt alles keine Rolle“, versicherte Lahm: “Wir stehen im Halbfinale einer EM: Da wird kein Gegner unterschätzt.”


Die Fragen, ob schon EM-Titelfeiern in Berlin geplant sind, wehrte Bierhoff unterdessen vehement ab. “Es ist verkehrt, jetzt schon daran zu denken, was passiert, wenn… Das ist gefährlich.” Derzeit beschäftigt sich jeder im DFB-Tross mit dem Spiel gegen die Türkei, betonte Bierhoff.

Respekt hat die Auswahl der Türkei durch ihre Comebacks gegen die Schweiz (2:1), Tschechien (3:2) und dem Elfmeter-Krimi gegen die Kroaten erlangt. “Die Türken haben diese Qualität in der Nachspielzeit, die man eigentlich den Deutschen zuschreibt. Sie sind erst besiegt, wenn sie in den Bus steigen“, erklärte Hitzlsperger. Aber nach dem Sieg gegen die Portugiesen ist der Glaube an die eigene Stärke größer denn je, wie Metzelder betonte: “Wir müssen von Anfang an unseren Power-Fußball durchziehen, dann werden sie unserem Druck nicht standhalten.”

Jogi ist sich jetzt schon im Klaren, wie er das Türkei-Spiel angehen will“, berichtete Köpke. Vieles spricht dafür, dass das über Nacht geborene 4-2-3-1-System beibehalten wird. “Man hat gesehen, dass wir uns wohlgefühlt haben“, sagte Miroslav Klose. Der Befreiungsschlag kam gerade rechtzeitig. Er hat interne Spannungen abgebaut, wie nicht verheimlicht wird. “Wir sind froh, dass wir endlich einmal Fußball gespielt haben mit der Truppe“, bemerkte Klose. Es musste gehandelt werden, taktisch vom Trainer und mit offenen Worten im Spielerkreis. “Wenn es um die Leistung im Fußball geht, gibt es kein Pardon“, erklärte Wortführer Ballack. (dpa)