Karten-Mischen nach der EURO: Enke hält Trümpfe

Die EM in Österreich und der Schweiz ist vorbei und die damalige Nummer 1 ist zurückgetreten. Nun beginnt das große Karten-Mischen und dabei halten Robert Enke und Heiko Westermann die besten Trümpfe in der Hand.

Nationalmannschaftskapitän Michael Ballack und Torsten Frings sowie weitere Akteure mussten ihre Teilnahme am ersten Länderspiel nach der Euro am kommenden Mittwoch in Nürnberg gegen Belgien absagen. Chef-Coach Joachim Löw erklärte den Test-Kick kurzerhand zu einem erneuten Casting um die begehrten Plätze im Aufgebot der DFB-Auswahl. Schlussmann Enke und auch Westermann erhielten dafür ein Einsatz-Versprechen. “Das Spiel steht jetzt unter dem Zeichen, dass einige Spieler eine Chance bekommen, die hinten dranstehen“, sagte der Übungsleiter der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Dabei könnte das Spiel für den 30 Jahre alten Schlussmann von Hannover 96 der erste Schritt werden, das Erbe von Lehmann auf Dauer zu beerben. “Wenn ich die Chance habe, zwei, drei Spiele am Stück zu machen, muss man die nutzen“, betonte Enke, der bei der Europameisterschaft die Nummer 2 war. Sein schärfster Konkurrent um den Stammplatz zwischen den Pfosten in der Nationalmannschaft, René Adler, wird nach einer Schulter-Operation noch ein paar Wochen aussetzen müssen. So dürfte nach den jetzigen Stand der Dinge der 96er Anfang September in Liechtenstein und Finnland auch zum Start in die WM-Qualifikation den Kasten Hüten. Jedenfalls kommt Enke, der erstmals 1999 ins DFB-Aufgebot gerufen wurde, in Nürnberg nun zu seinem zweiten Einsatz. “Er hat es jetzt selbst in der Hand, mit Leistungen zu überzeugen“, sagte Torwart-Trainer Andreas Köpke.


Auf der einen Seite wäre ich natürlich froh, wenn ich die gesamte Mannschaft zur Verfügung hätte. Andererseits können wir etwas ausprobieren“, sagte Löw mit dem Hinweis, dass auf dem langen Weg zur WM 2010 in Südafrika der ein oder andere Akteur auch mal ausfallen werde. Vor der Übungseinheit am gestrigen Montag in Herzogenaurach erklärte er seinen Spielen noch einmal sehr deutlich, was er von ihnen erwartet. “Die EM ist abgehakt. Wir müssen nach vorn spielen, Tempofußball zeigen“, sagte er. 17 Akteure zählte waren am Montag bei der ersten Trainingseinheit dabei. Christoph Metzelder von Real Madrid, der im spanischen Supercup nur auf der Bank gesessen hatte, war erst später angereist.

Torwarttrainer Andreas Köpke (l) prüft Torhüter
Robert Enke beim Training.

Neben den bereits erwähnten Ballack, Frings und Adler werden beim 23. Duell gegen Belgien (bisher 17 deutsche Siege, 1 Unentschieden und 4 Niederlagen) auch die beiden EM-Teilnehmer Per Mertesacker und Arne Friedrich nicht mit von der Partie sein. Dabei sieht Teammanager Oliver Bierhoff die dezimierte Personalie nicht unbedingt als Nachteil: “Manchmal ist es in solchen Spielen auch ein Vorteil, nicht nur mit Etablierten anzutreten.” Gerade Spieler wie der Schalker Westermann oder der Hamburger Piotr Trochowski, die bei der Euro dabei waren, aber nicht eine Minute zum Einsatz kamen, müssten gegen die Belgier besonders motiviert sein. “Ich sehe es jetzt als neuen Abschnitt“, sagte Abwehrmann Westermann.

Der Gladbacher Marko Marin und der Neu-Leverkusener Patrick Helmes hatten schon beim EM-Casting auf Mallorca Lust an der DFB-Auswahl bekommen. Neuling Serdar Tasci hofft auf sein Debüt. Und die Stürmer Mario Gomez und Kevin Kuranyi wollen nach persönlich enttäuschendem EM-Verlauf einiges gutmachen. Löw wird wohl von dem “etwas vorsichtigeren” 4-5-1-System wieder auf zwei echte Angreifer umstellen. “Jedes Länderspiel, egal gegen wen, hinterlässt bei den Trainern einen Eindruck“, verwies Bierhoff auf die Bedeutung der Mittwoch-Partie für jeden einzelnen Akteur.


Für die Fans dagegen scheint das Spiel mitten in den Olympia-Wochen nur eine eingeschränkte Anziehungskraft zu besitzen: Erst 30 000 der 42 000 Tickets für das Nürnberger Stadion sind verkauft, der DFB rechnet mit 35 000 Zuschauern. Damit wäre erstmals seit einem Jahr ein Spiel der Nationalelf nicht ausverkauft. Dennoch rechnet der DFB beim 10. Benefiz-Spiel seit 1993 mit Netto-Einnahmen von rund vier Millionen Euro. Davon gehen 2,5 Millionen an die Egidius-Braun- Stiftung, je 500 000 Euro an die Sepp-Herberger-Stiftung, die DFB- Kulturstiftung und an die Deutsche Fußball Liga für soziale Zwecke.

Torwart Tim Wiese beim Training.