HSV in Prag unter Druck

Für den den Mannschaftskapitän des Fußball-Bundesligisten Hamburger SV David Jarolim wird es ein Familientreffen, für den Bundesliga-Dino eine Entscheidungspartie. Das UEFA-Cup-Spiel bei Slavia Prag müssen die Hanseaten gewinnen, um die Zwischenrunde zu erreichen.

Erst in der K.o.-Runde lässt sich mit einem attraktiven Gegner richtig Geld verdienen. Dort kann der HSV mit gut einer Million Euro rechnen, wenn er es denn schaft, in die nächste Runde einzuziehen. Gruppen-Gegner Aston Villa und Ajax Amsterdam (je sechs Zähler) haben sich bereits qualifiziert. Die Norddeutschen haben mit drei Punkten zum Sprung angesetzt, Slavia (1 Punkt) lauert im Hintergrund. “Wir spielen mit Slavia um den dritten Platz. Nur wer gewinnt, wird es wohl schaffen“, sagt Jarolim zur Ausgangslage.

Für den Tschechen in HSV-Diensten ist die Partie in Prag eine emotionale Bürde. Er tritt nicht nur gegen seinen Heimat-Club an, es geht auch gegen Vater Karel, der den Rivalen coacht. Zudem wird ihm sein Cousin Marek gegenüberstehen, der im Mittelfeld das Spielgestalten soll. “Das ist kein leichtes Spiel für mich. Da ist eine besondere Spannung in mir“, sagt der Mittelfeld-Mann, der den Gefühlsspagat schon einmal durchlebte. Im Dezember 2005 standen sich beide Teams ebenfalls im UEFA-Cup gegenüber. Damals konnten die Hanseaten mit 2:0 gewinnen.


Mit der 0:1-Heimschlappe am vergangenen Donnerstag gegen Ajax Amsterdam, eingeleitet durch ein absolut unnötigen Querpass von Jarolim, hat sich die Mannschaft von Coach Martin Jol selbst in die heikle Lage gebracht. “David war nach dem Spiel sehr unglücklich. Ich habe mit ihm am Morgen danach gesprochen, er hat sich beim ganzen Team entschuldigt“, meinte Vater Karel , ergänzt aber auch: “Alle Gefühle müssen jetzt ausgeschaltet werden, wir müssen alles für den Erfolg von Slavia geben.” Und Cousin Marek meint: “Den großen Hype um das Spiel können Sie sich sicher vorstellen. Freunde werden wir erst wieder nach dem Spiel.”

Zwar wurde eine Niederlage in Prag nicht gleichzeitig das Aus für den HSV im diesjährigen UEFA-Cup-Wettbewerb bedeuten, wären dann aber im abschließenden Spiel gegen Tabellenführer Aston Villa bei eigenem Erfolg auf die Schützenhilfe von Ajax gegen Slavia angewiesen. “Wir wollen in Prag für uns alles perfekt machen“, fordert Jol.

Von ihrem frischen Offensiv-Fußball zu Saisonbeginn sind die Hamburger derzeit weit entfernt. Insbesondere auf fremdem Terrain fehlt es dem Bundesliga-Fünften an Esprit und Durchsetzungskraft. Seit vier Meisterschafts-Partien haben die Rothosen auf des Gegners Platz nicht mehr gewonnen. Das hört Slavia Prag gern. Denn der zweimalige tschechische Meister (1996, 2008) hat sein im Mai eröffnetes 21.000 Zuschauer fassendes Stadion Eden zur Festung ausgebaut: acht Heimspiele, acht Siege. In der tschechischen Liga ist die Mannschaft mit sechs Punkten Vorsprung vor Mlada Boleslav erneut auf Meisterkurs. “Slavia ist zu Hause eine Macht“, warnt Jarolim vor seinen Landsleuten.

Weil die Tschechen ganz auf Offensive setzen, wird Trainer Jol vermutlich die Defensive seines Teams stärken. So kann es Nationalspieler Piotr Trochowski passieren, dass er sich zunächst erneut nur auf der Bank wiederfindet. “In den letzten Spielen war er nicht so in Form“, meint Jol. Der Kritisierte selbst hat Stagnation in der gesamten Mannschaft ausgemacht. “In den letzten Spielen haben wir die Ordnung verloren“, entgegnet Trochowski und sagt voraus: “Wenn wir in Prag so wie zuletzt spielen, kriegen wir ein Problem.”

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

Slavia Prag: Vaniak – Tavares, Suchy, Brabec, Hubacek – Marek Jarolim, Smicer, Svento, Belaïd – Toleski, Necid

Hamburger SV: Rost – Boateng, Mathijsen, Reinhardt, Aogo – Demel, David Jarolim, Alex Silva – Guerreo, Olic – Petric

Schiedsrichter: Selçuk Dereli (Türkei)