WM 2010: Tickets als Ladenhüter

An einer Reise zur Weltmeisterschaft in Südafrika haben Deutschlands Fußball-Fans wenig Interesse. Liegt es an der Sorge um die Sicherheit, Keine Lust auf Afrika oder Sparzwänge in wirtschaftlich schlechten Zeiten?

Offenbar sind die sonst heiß begehrten Team-Tickets für die drei Gruppenspiele der DFB-Auswahl große Ladenhüter. In anderen Ländern Europas sind die Zahlen ähnlich mau. Gerade einmal knapp ein Drittel der für die deutschen WM-Fans reservierten 21 000 Karten für die Vorrundenpartien in Durban, Port Elizabeth und Johannesburg wurden verkauft.

Horst R. Schmidt, der deutsche Berater der südafrikanischen WM-Organisatoren, sieht dennoch keinen Grund zur Sorge. Der Deutschen Presse-Agentur dpa sagte er:” Das Bild ist weder schwarz noch grau, sondern in einem Lichte, das sich sehen lassen kann.” Schmidt bestätigte nicht, die in der “Süddeutschen Zeitung” veröffentlichte Zahlen, wonach nur 1000 Karten beim am 14. Januar beendeten Sonderverkauf veräußert wurden.

Insgesamt etwa 32 000 Bestellungen aus Deutschland seien beim Weltverband FIFA registriert worden. Dies bestätigte Schmidt, der auch Schatzmeister des Deutschen Fußball-Bundes ist. In den ersten zwei Verkaufsphasen 2009 wurden rund 25000 Karten direkt über die FIFa bestellt, davon waren die meisten wohl für die entscheidenden Turnierphase ab dem Viertelfinale. Die restlichen rund 6700 Kartenwurde demnach speziell für die drei deutschen Gruppenspiele gegen Australien, Serbien und Ghana beim DFB geordert, berichtete Schmidt in seiner FIFA-Funktion.

Der Weltverband FIFA stellt seit der Gruppeneinteilung am 4. Dezember in Kapstadt den 32 WM-Teilnehmern zwölf Prozent aller Eintrittskarten pro eigenes Spiel zur Verfügung.Nordkorea bekommt das gleiche Kontingent wie beispielsweise Brasilien. Von den Verbänden können die Tickets in Eigenregie verkauft werden. Nicht georderte Karten gehen zurück an die FIFA.

Nun droht die erste Fußball-WM auf afrikanischem Boden vor halbleeren Rängen über die Bühne zu gehen, denn es entpuppen sich nicht nur die Deutschen als Reisemuffel. Der Karten-Absatz stockt in vielen Ländern Europas und im Gegensatz zum DFB geben andere Fußball-Verbände die Zahlen auch umgehend preis. Pro Partie wurden in den Niederlanden 2000 bis 3000 Karten veräußert, gerechnet hatte man mit bis zu 10 000 Anhängern.

Nun liegt bei der FIFA ein Antrag der Holländer vor, die Teamtickets noch bis zum 31. Januar verkaufen zu dürfen. Angeboten wurden in der Schweiz 23600 Karten, verkauft wurden 850. 1573 Bestellungen gingen in Dänemark ein, zur Verfügung standen 17260 Karten.

Nur wenige Tage nach dem blutigen Anschlag beim Afrika Cup in Angola sind die miesen Zahlen aus Europa für Südafrikas WM-Organisatoren das nächste PR-Desaster. Die stolzen Gastgeber erhoffen sich 450000 WM-Touristen. Cheforganisator Danny Jordaan hatte zudem erst zum Wochenbeginn nochmals alle Einwohner des Kap-Staates ermuntert, sich Karten für das Turnier vom 11. Juni bis 11. Juli zu kaufen. Insgesamt gibt es gut drei Millionen. Bislang zeigten die eigentlich fußballbegeisterten Südafrikaner wenig Interesse am eigenen Turnier. Nur 53,6 Prozent der insgesamt 674 403 verkauften Tickets blieben in den ersten beiden Verkaufsphasen im Land.

Dies liegt auch daran, dass Kartenbestellungen ein halbes Jahr im Voraus in der Regenbogen-Nation unüblich sind. Grundsätzlich kauft man Tickets für nationale Fußballspiele an der Tageskasse, die es jedoch bei der WM nicht geben wird. Schon beim Confederations Cup wurde das Problem deutlich. Lokale Größen wie der König der Bafokeng orderten nach einer Schelte von FIFA-Präsident Joseph Blatter mehrere Tausend Tickets, da die Stadien bei der WM-Generalprobe im Sommer 2009 (zu) leer waren. Diese wurden dann kostenfrei an soziale Einrichtungen und Vereine verteilt.