Die Bosse des VfB Stuttgart wollen den ehemaligen National-Keeper mit allen Mitteln länger an sich binden, aber Lehmann selbst zögert die Entscheidung noch hinaus.
“Sollte ich weitermache, will ich nochmals auf höchstem Niveau spielen. Ich mache meinen Entschluss auch von der sportlichen Entwicklung in Stuttgart ab“, meinte der Schlussmann der Schwaben vor der über das erreichen der K.o.-Runde im UEFA-Cup entscheidenden letzten Gruppen-Partie gegen Standard Lüttich. “Stand heute würde ich bleiben. Aber das kann sich morgen schon wieder ändern.”
Lehmann ist sich sicher, im Vertragspoker mit dem Club die besseren Karten zu haben. Stuttgart setzt alles daran, dem souveränen Torwart eine weitere Spielzeit beim VfB schmackhaft zu machen. Teamchef Markus Babbel schmeichelte dem 39 Jahre alten Lehmann: “Jens ist für mich der beste deutsche Torwart. Ich hoffe natürlich, dass er bleibt.” Sportdirektor Horst Heldt, der die Verlängerung mit dem Keeper unter Dach und Fach bringen will, wird expliziten Extrawünschen des eigenwilligen Akteurs wohl oder übel nachgeben müssen.
So ist bereits jetzt schon sicher, dass die ursprünglich auf den 9. Januar festgesetzte Erklärungsfrist hinfällig ist. Nicht der Verein, sondern der Profi bestimmt die Verhandlungsgeschwindigkeit. “Es besteht kein Zeitdruck. Wir lassen uns Spielraum“, meinte Heldt, der diese Top-Personalie am besten noch vor dem Weihnachtsfest vom Tisch gehabt hätte. “Wir setzen uns nach der Winterpause zusammen und besprechen alles.” Der Manager räumt ein, dass “in der Tat alles möglich” und die Lage schwerlich einzuschätzen sei. “Es ist aber keine Frage des Geldes», versicherte Heldt, dass es Lehmann hauptsächlich ums Sportliche, Persönliche und Private gehe. “Es hängt davon ab, ob Jens weiter Lust hat.”
Der Vater dreier Kinder weist immer wieder darauf hin, dass ihm die Pendelei zwischen dem Starnberger See und seinem Arbeitgeber lästig ist. Um Zeit zu sparen, flog er daher nach Spielen auch schon mal mit dem Hubschrauber nach Hause, was ihm umgehend als “affig” und überheblich ausgelegt wurde. Babbel beurteilt die indes eher belustigt. “Vielleicht wäre ein Charterservice vom Verein eine Möglichkeit, ihn zu locken.”
Noch wichtiger als der persönliche Komfort zählt für den überaus ehrgeizigen Schlussmann sportlicher Erfolg und Perspektiven. Unter Babbel haben die Schwaben offensichtlich eine Trendwende eingeleitet, auch wenn ein Vorstoß auf einen Champions-League-Platz aufgrund des großen Punkte-Rückstands und der Dominanz der Liga-Konkurrenz kaum noch realisierbar scheint. Aber die erneute Qualifikation für den UEFA-Cup dürfte bei einer guten Rückserie machbar sein. Damit würde der Dritte der Weltmeisterschaft 2006 im eigenen Land, deutsche sowie englische Meister und UEFA-Cup- Gewinner – um nur mal einige Erfolge Lehmanns zu nennen – gut leben können. “Ich muss eine Perspektive haben“, nannte Lehmann als Grundvoraussetzung für einen Verbleib in Stuttgart. Die Stadt gefällt ihm ja “sehr gut“: “Die Atmosphäre ist angenehm, die Leute sind sehr nett“, bescheinigte Lehmann der Metropole Lebensqualität.