Pierluigi Collina: Star-Schiedsrichter wird 50

Pierluigi Collina wäre wohl immer noch der beste Schiedsrichter der Welt, hätte ihn die Altersregelung der FIFA nicht zum Rücktritt gezwungen.

Viele wünschen sich den Bologneser und charismatischen Glatzkopf, der sechsmal zum besten Referee der Welt gewählt wurde, auch fünf Jahre nach seinem Abschied von der großen Fußballbühne immer noch zurück.

Mittlerweile tanzen jedoch nicht mehr die Spieler, sondern nur noch die einstigen Kollegen nach seiner Pfeife, denn er ist seit 2007 Schiedsrichterkoordinator der italienischen Ligen. Und bei diesem Amt ist der “Fußball-Kojak” so kompromisslos, wie eh und je. Doch das gefällt wohl nicht jedem, denn Collina musste vor einem Jahr sogar wegen Morddrohungen unter Polizeischutz gestellt werden. Dennoch ließ er sich nicht einschüchtern. Sein Selbstbewusstsein, das ihn auf dem Platz so entscheidungssicher machte, ist ungebrochen.

Collina stieg als erster und Unparteiischer im Millionen-Business Fußball selbst zum Star auf. Dem Schiedsrichter bescherten große Unternehmen, die sich mit ihm schmückten, schon zu seiner aktiven Zeit Jahreseinnahmen von mehr als 200 000 Euro. Als Finanzberater und Absolvent der Wirtschaftsfakultät der Universität Bologna wusste Collina seine Popularität immer schon zu versilbern, wofür er im Kollegenkreis auch Neid erntete: “Collina dreht ja fast schon mehr Werbespots als David Beckham“, moserte einst der österreichische Schiedsrichter Günter Benkö.

Der deutsche Volker Roth und andere Kollegen lobten Collina dagegen für dessen unnachahmliche Regelauslegung. Wenn die Regeln der Gerechtigkeit im Weg standen, setzte sich der Charakterkopf einfach darüber hinweg. So ließ er 1997 zur Halbzeit im Spiel zwischen Foggia und Bari einfach den Seitenwechsel ausfallen, weil Foggias Fans den gegnerischen Torhüter vor ihrer Kurve mit Wurfgeschossen bombardierten. Auch zeigte er dem Tschechen Latal bei der Europameisterschaft 2000 wegen Schiedsrichterbeleidigung die Rote Karte, obwohl der auf der Bank saß. Heute ist seine spontane Regelerweiterung im Reglement verankert.

Stets pfiff Collina unorthodox und kompromisslos. Einmal sagte er:”Ich erschrecke manchmal selbst, wenn ich mich im Fernsehen sehe.” Da ist es nicht verwunderlich, dass viele Fußballer nicht nur Respekt, sondern geradezu Angst vor dem Charakterkopf hatten, dessen Glatze zum Markenzeichen wurde. Collina waren wegen einer Stoffwechselerkrankung alle Haare ausgefallen.

Obwohl Collina den Deutschen kein Glück brachte, war er auch hierzulande ein gern gesehener Schiedsrichter. Zu bitteren Stunden für den deutschen Fußball wurden seine Karrierehöhepunkte: er leitete 1999 das Champions-League-Finale, das Bayern München durch zwei Tore in der Nachspielzeit mit 1:2 gegen Manchester United verspielte. Deutschlands 0:2-Finalniederlage bei der WM in Japan und Südkorea gegen Brasilien pfiff er 2002. Jedoch zeigte Collina auch dort seine herzliche Seite, als er den verzweifelten Oliver Kahn auf dem Platz umarmte und tröstete.