EM 2008: René Adler als EM-Zuschauer

Vor der EURO in Österreich und der Schweiz trauten viele Schlussmann René Adler den Platz zwischen den Pfosten während des Turniers zu, nun ist dem Shootingstar vom Fußball-Bundesligisten Bayer Leverkusen nur die Rolle als EM-Zuschauer geblieben.

Adler, der durch seine doch überraschende Nominierung immerhin Timo Hildebrand aus dem EM-Kader gedrängt hatte, muss sich bei der Endrunde mit der Position hinter Jens Lehmann und Robert Enke zufrieden geben. Im Training legt sich der Nationalmannschafts-Neuling (0 Spiele) noch härter ins Zeug als bei seinem Club. Immerhin geht es für den 23 Jahre alten Keeper um die Zeit nach der Europameisterschaft und um einen langfistigen Platz im Nationalmannschafts-Kader.


Ich stelle mich hinten an und versuche, mich im Training aufzudrängen. Wenn man so weit gekommen ist, sollte man ein Ziel verfolgen. In der Zukunft möchte ich auch Stammspieler werden“, verkündete der ehrgeizige Adler bereits kurz nach seiner Nominierung. In Deutschland gebe es zwar eine Torhüter-Tradition, aber “das würde ich nicht pauschalisieren. Nationaltorhüter kann man nicht erst mit 30 werden“, so Adler.

In dieser schon ewig andauernden Tradition steigen immer wieder die Reservisten zum Stammkeeper auf. Und noch nie, was überraschend ist, konnte sich der dritte Schlussmann nach einer Europameisterschaft irgendwann einen Stammplatz ergattern. So waren es 2004 Timo Hidebrand, 2000 Hans-Jörg Butt, der 2007 Platz für Adler bei Bayer machen musste, und schließlich 1996 Oliver Reck, die sich bestenfalls weiter mit der Reservistenrolle begnügen mussten.

Bei den Endrunden 1988 sowie 1992 hatten die damaligen Trainer Franz Beckenbauer und Berti Vogts erst gar keine dritten Schlussmänner mit im Kader. Die Ersatz-Ersatzmänner von Schumacher & Co., Helmut Roleder (1984) und Walter Junghans (1980), erlebten keine besonders glorreiche Karriere in der DFB-Auswahl. Sieht beinahe so aus, als läge ein Stammplatz-Fluch auf der Nummer 3 bei einer Fußball- EM.

All diesen Vergangenheits-Spielchen zum Trotz ist Adler der “Kronprinz” auf den Torwartthron von Lehmann – wenn der denn überhaupt nach der EM aufhört. Zwar hatte Bundestorwarttrainer Andreas Köpke mehrfach betont, dass er sich bei der WM 2010 “keinen 40-Jährigen” im Tor vorstellen könne. Doch welche Pläne der 38 Jahre alte Lehmann verfolgt, der seine Vereins-Karriere um mindestens ein Jahr beim VfB Stuttgart verlängert, blieb bisher im Dunkeln. In jedem Fall sehen nach dem Turnier neben Enke und Adler auch Manuel Neuer (FC Schalke 04) und der Kahn-Nachfolger Michael Rensing (FC Bayern München) Chancen auf den Platz im deutschen Tor.


Sowohl der Leverkusener Adler als auch der Hannoveraner Enke hatten hatten im DFB-Training bereits die Gelegenheit, sich für die Zeit nach der EURO zu empfehlen. Köpke bescheinigte einen “richtig guten Job”. Gleiches gilt auch für Enke, der nach dem “Traditions-Gesetz” der erste Anwärter auf den Stammplatz wäre. Kleiner Nachteil für beide Akteure: Sie sind in der kommenden Bundesliga-Spielzeit nicht auf internationaler Bühne vertreten.

Wie Piotr Trochowski, Heiko Westermann und Enke blieb Adler im EM-Kader bisher ohne eine einzige Einsatzminute, was ihn aber nicht stört. “Ich sehe mich als vollwertiges Mitglied des Teams. Ich bin kein Tourist hier oder das 23. Rad am Wagen“, sagte der 23-Jährige, der nach dem Turnier zum großen Sprung ansetzen will. (dpa)