WM 2010: Das DFB-Team steht vor einer Herkulesaufgabe

Joachim Löw hat als Ziel den Gewinn der Weltmeisterschaft ausgegeben. Hat er sich dabei übernommen?

Der Countdown läuft. Mit jedem vergangenen Tag steigt das Fußball-Fieber weiter an. Fans aus aller Welt können es kaum erwarten. In zwei Wochen ist es soweit. Am 11. Juni. Anpfiff zur Weltmeisterschaft in Südafrika. Doch mit Blick auf das erste Gruppenspiel gegen Australien am 13. Juni, vergrößern sich die Sorgenfalten bei Joachim Löw. Dem Bundestrainer läuft die Zeit davon. Seit der Bekanntgabe des vorläufigen WM-Kaders, mussten drei Spieler (Christian Träsch, Michael Ballack, René Adler) absagen. Alle fallen verletzungsbedingt für das Turnier aus. Besonders der Ausfall des Kapitäns schmerzt sehr. Im defensiven Mittelfeld war Ballack (fast) unersetzbar. Nun hat Sami Khedira die Aufgabe übertragen bekommen, neben Bastian Schweinsteiger die 6er Position zu übernehmen.

Sicherlich keine einfache Bürde, die Khedira aufgetragen bekommt. Immerhin hat der Youngster vom VfB Stuttgart gerade einmal drei Länderspiele hinter sich- gegenüber Ballack und seinen 98 Spielen wirkt das fast läppisch. Doch Khedira darf auf seine Einsätze hoffen und zeigen, dass er eine erfolgreiche Bundesligasaison krönen kann. An Motivation wird es dem Deutsch-Tunesier nicht fehlen. Der 23- Jährige hat als Kapitän mit der U-21-Nationalmannschaft die Europameisterschaft 2009 gewonnen und hat Hunger auf mehr. Joachim Löw muss Khedira in das Team einbinden und ihm seine Aufgaben als Führungsspieler zeigen. Sicherlich nicht einfach, das innerhalb von 14 Tagen zu schaffen.

Eine andere Variante ist ein Systemwechsel also weg vom berühmten 4-4-2 und vielleicht nur einen defensiven Spieler aufstellen. Das würde den Weg in eine neue Ära ebnen. Ballack ist mit seinen 33 Jahren nicht mehr lange als Profi aktiv. Das Löw schon vorausschaut ist löblich. Nun muss der Bundestrainer auch die richtige Aufstellung finden.

Allerdings warten noch andere Baustellen, die gelöst werden müssen. Besonders das junge Durchschnittsalter verwundert. Mit 24,8 liegt es deutlich unter dem Wert von 2006: 26,3. Löw setzt diesmal auf eine frische und unerfahrene Mannschaft. Der 50-Jährige will jungen Profis die Chance geben sich zu beweisen, aber wäre es nicht besser auf gestandene Spieler zu setzen. Mit dieser Marschrichtung geht der Schwarzwälder ein gewisses Risiko ein. Ob die Taktik aufgeht? Man wird es sehen. Besser ist es, denn ein schlechtes Abschneiden am Kap kann schneller das Aus als Coach bedeuten, als man sich das wünscht.

Trotz des Festhaltens am Trainer von der DFB-Spitze aus- keiner ist unantastbar und bei einem so wichtigen Fußballereignis wie der WM, dreht man jeden Gedanken zweimal um. Das weiß DFB-Präsident Theo Zwanziger zu gut. Eine WM findet nur jede vier Jahre statt und Deutschland muss solange mit der Kritik von medialer als auch auf Vereinsseite auskommen. Daher ist eine gute Vorbereitung im Trainingslager in Eppan/Südtirol wichtig.

Besonders die Frage nach der Nummer 1 im Tor und dem neuen Kapitän ist ein Störfeuer, mit dem die Nationalelf noch auskommen muss. Joachim Löw sollte schnellstens eine Entscheidung bei beiden Fragen treffen. Die Bekanntgabe wäre eine Entlastung auf Seiten des Trainerstabs aber auch des Teams. Keine Medienanfragen mehr. Jeder kann sich auf seine Aufgabe konzentrieren. Genau das ist es doch, was Löw will.
Nicht nur da gilt es anzupacken. Die DFB-Stürmer stehen auch im Fokus. Immerhin konnten nur zwei von fünf Stürmern in den letzten Bundesligaspielen überzeugen. Einzig mit Thomas Müller und Cacau in Topform, kann keine WM gewonnen werden. Lukas Podolski, und Miroslav Klose müssen wieder das nötige Selbstvertrauen gewinnen, das sie während des gesamten WM-Turniers 2006 ausgezeichnet hat. Ein Stefan Kießling als Torjäger, wie bei Bayer 04 Leverkusen, würde auch den Team-Spirit stärken. Und natürlich das Sieger-Gen wecken, das das Team jetzt braucht. Fünf Stürmer in Topform. Warum nicht? Fußball-Deutschland hätte sicher nichts dran auszusetzen.

Zur Frage: Ein erneutes Sommermärchen? Ist das möglich? Ja klar, aber nur mit einem starken Kapitän und einer starken Mannschaft an seiner Seite. Bis dato muss man sagen, ist ein WM-Titelgewinn noch in weiter Ferne. Realistisch betrachtet stehen noch einige Länder vor unserer Elf, die jedoch eine größere Rolle bei dem Turnier spielen wird. Auch Statistisch gesehen, liegt Deutschland nur auf dem 6. Rang, wenn es darum geht, wer Weltmeister wird. Europameister Spanien, WM-Rekordhalter Brasilien und das Mutterland des Fußballs, England stehen bei Wettbüros höher im Kurs. Doch es wäre nicht das erste Mal, dass Statistiken am Ende nur reine Märchen sind. Deutschland war 1954 krasser Außenseiter und holte gegen die favorisierten Ungarn die WM-Krone. Das Wunder von Bern war vollbracht. Warum nicht ein erneutes Wunder. Wie wäre es mit „das Wunder vom Kap“. (Savas Savidis)