Löw warnt: Finnland “anderes Kaliber”

Zweites Qualifikationsspiel zur WM 2010 in Südafrika – oder Ernstfall Finnland: Die deutsche Nationalmannschaft hat mit einem Machtwort von Präsident Theo Zwanziger zum immer noch schwelenden Streit zwischen Teammanager Oliver Bierhoff und Nationalmannschafts-Kapitän Michael Ballack und mit einer deutlichen Warnung von Übungsleiter Joachim Löw den Härtetest in Helsinki in Angriff genommen.

Mit der positiven Energie aus dem Schützenfest gegen Liechtenstein am vergangenen Samstag (6:0) will Coach Löw die erste wirklich schwere Aufgabe auf den Weg nach Südafrika in Angriff nehmen. Doch der eigentlich schon für beendet erklärte Bierhoff-Ballack-Konflikt warf auch am Abreisetag aus der Schweiz nach Finnland einen Schatten auf die Vorbereitung der DFB-Auswahl.

Kurz bevor der Sonderflieger LX 9472 von Zürich nach Helsinki startete schaltete sich Zwanziger noch mal ein und forderte nach den erneuten Verbal-Sticheleien Ballacks nun ultimativ das Ende des Streits. “Es gibt immer mal Meinungsverschiedenheiten, auch bei uns im Präsidium. Aber so etwas muss intern geklärt werden und darf nicht über die Medien immer am Laufen gehalten werden“, erklärte Zwanziger der Deutschen Presse-Agentur dpa. “Es hat eine Aussprache gegeben. Da ist alles ausgeräumt worden. Nach der Berichterstattung der vergangenen Tage müssen wir aber aufpassen, dass sich das Thema in den Medien nicht verselbstständigt. Das ist unser gemeinsames Anliegen und daran werden wir arbeiten.”


Auch für Löw hat es oberste Priorität, ohne Störgeräusche in Finnland anzutreten. Denn Finnland als einstiger Aussenseiter aus dem Norden flößt inzwischen Respekt ein, auch wenn die letzte Pleite schon 85 Jahre zurückliegt. “Finnland wird ein ganz anderes Kaliber. Die sind gespickt mit Spielern von der Insel. Da herrscht eine hitzige Atmosphäre. Da werden wir sehen, wie wir bestehen können“, so Löw. Man machte sich sogar einen Tag früher auf den Weg nach Finnland, um dort rechtzeitig alle Konzentration auf die Partie richten zu können.

Andreas Hinkel (l-r), Lukas Podolski, Miroslav Klose
und Heiko Westermann laufen sich warm.

Nur mit einem Sieg und dann sechs Punkten vor dem Spitzenspiel der Gruppe 4 am 11. Oktober in Dortmund gegen Russland wäre der Start in das WM-Unternehmen vollauf geglückt. Schon ein Remis würde das 6:0 von Liechtenstein wieder relativieren. In der Qualifikation für die WM 2002 tat sich die DFB-Auswahl gegen Finnland (2:2/0:0) zweimal schwer und musste durch die Punktverluste in die Playoff-Spiele gegen die Ukraine. Philipp Lahm mahnte für das Duell im Land der 1000 Seen – seinem persönlich 50. Länderspiel – absolute Konzentration an. “Jetzt steht eine ander Hausmarke vor uns. Wir haben den Anspruch, auch in Finnland zu gewinnen“, sagte der Münchner Verteidiger.

Löw hat keinen Grund, seine in dieser Saison gegen Belgien (2:0) und Liechtenstein (6:0) erfolgreiche Formation zu ändern. Auch die kritischen Fragen zur Form von Miroslav Klose wischte der DFB-Coach beiseite. “Miro ist schon noch sehr wichtig für die Mannschaft.” Der glücklose Ersatz-Kapitän wehrt sich gegen die Angriffe. “Ich habe weder ein Kopfproblem noch glaube ich nicht an mich.” Lahm springt dem Münchner Kollegen zur Seite. “Ich merke nichts von einem Problem. Torflauten gab es auch bei anderen Stürmern.”

Mehr noch als die Angriffsabteilung wird in Helsinki die Defensive mit Torwart Robert Enke und dem Innenverteidiger-Duo Serdar Tasci/Heiko Westermann auf dem Prüfstand stehen. “Die Verteidigung wird jetzt getestet“, sagte Lahm. Während Marcell Jansen nach einer Halsentzündung wieder trainieren konnte, musste der Schalker Christian Pander wegen eines grippalen Infektes vorzeitig die Heimreise antreten. Löw hat somit noch 19 Spieler im Kader.


Zwanzigers Ruhe-Appell dürfte Löw für eine konzentrierte Vorbereitung recht kommen. Neuen Redebedarf über den bei der EM ausgebrochenen Konflikt gibt es nach der jüngsten Aussage Ballacks vom Sonntag aber sicherlich. “Die Nationalmannschaft hat schon gewonnen, als Oliver Bierhoff noch nicht ihr Manager war. Und auch zukünftig wird es für den Erfolg nicht entscheidend sein, ob Bierhoff Manager ist oder nicht“, hatte der Kapitän der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” gesagt. Bierhoff hielt sich an Zwanzigers “Präsidialerlass” und verzichtete auf eine Retourkutsche. “Da hat Michael nicht ganz Unrecht“, sagte er der “Bild”-Zeitung. (dpa)