Kuranyi ist um Beruhigung bemüht

Am zweiten Tag nach dem Rauswurf aus dem Nationalteam waren Kevin Kuranyi und sein Verein FC Schalke 04 um Beruhigung der Lage bemüht.

Der Angreifer, der mit seinem Abgang vom DFB-Team während der Halbzeitpause der WM-Qualifikationspartie gegen Russland und der daraus resultierenden Streichung aus der Nationalmannschaft durch Bundestrainer Joachim Löw offenbar in eine emotionale Krise gestürzt ist, absolvierte in Gelsenkirchen nur leichtes Lauftraining und war nicht bei der Übungseinheit mit der Mannschaft dabei. Vereins-Sprecher Gerd Voss sagte aber, dass dies keinen besonderen Grund habe.

Man hat schon gesehen, dass es ihm menschlich nahe gegangen ist“, meinte Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff in Düsseldorf. “Ich wünsche ihm auch weiterhin das Beste“, unterstrich Bierhoff. Man könne schon “die Enttäuschung und Verärgerung und auch seine Entscheidung verstehen“, so der Manager, “aber natürlich war die Art und Weise gegenüber den Trainern und Teamkollegen nicht die richtige. Vielleicht ist ihm das jetzt so ein bisschen bewusst geworden.”

Kuranyi selbst hatte seine Flucht aus der Dortmunder Arena und natürlich auch von seinen Mannschaftskameraden zwiespältig begründet. Die persönliche Situation im Nationalteam, aber auch die Pfiffe auf Schalke in der Vergangenheit waren für seine instabile Psyche scheinbar zu viel. “Ich lebe momentan in meiner eigenen Welt. Eigentlich bin ich nicht der Typ, der das durchzieht“, bemerkte der 23-Jährige zu seiner eigenen Aktion, die noch immer viele Fragen aufwirft. Kuranyi hofft indes, dass er im verein wieder ins Gleichgewicht findet: “Ich hoffe, dass das alles schnell vorbei ist, sich wieder beruhigt und der Alltag kommt. Ich habe noch genügend Ziele, für die ich kämpfen werde.”


DFB-Betreuer, die in Dortmund noch gemeinsam mit Kuranyi die erste Hälfte gegen Russland auf der Tribüne gesessen hatten, bestätigten inzwischen, dass es noch einige Fan-Pöbeleien gegen den Schalker gab. “Damit muss ich leben“, sagte er in der “Bild”-Zeitung», sprach aber auch von einem “Zusammenbruch“, den er erlitten hatte. “Ich hoffe, dass er jetzt wieder zu Kräften kommt, dass er da weitermacht, wo er beim letzten Spiel aufgehört hat“, betonte Bierhoff und wünschte dem Angreifer “viele Tore und gute Leistungen” in seinem Club. “Er hat sich hier bei uns immer gut verhalten, auch während der Europameisterschaft, wo er eine schwierige Situation hatte“, ergänzte der Teammanager.

Auch beim DFB ist niemand glücklich über die Situation, doch in dem knallharten Fußball-Geschäft sah Löw nach Kuranyis unerlaubtem Abtauchen keine andere Möglichkeit als den Rauswurf. “Ich bin auch dagegen, dass man jemanden sein Leben lang verdammt. Aber man muss auch verstehen, dass wir dieses Handeln nicht tolerieren können“, unterstrich Bierhoff und kritisierte einige Aussagen von Schalke- Manager Andreas Müller. “Ich verstehe schon, dass ein Vereinsmanager seinen Spieler in Schutz nimmt. Aber es ist unstrittig, dass das Verhalten von Kevin verkehrt war.”


Die Auswirkungen konnte und wollte Kuranyi in dem Moment, als das Ventil aufging und er aus dem Stadion floh, wohl nicht überblicken. So dürfte sein auch durch die Nationalmannschaft entstandener Status als beliebter Werbeträger leiden, auch wenn seine Partner bisher keine übereilten Veränderungen treffen wollen. Kuranyi wird im DFB- Trikot weiter vom Cover des beliebten Computer-Spiels “FIFA09” grüßen. Auch Ferrero (Nutella) will in Ruhe entscheiden, wie es mit der Werbefigur Kuranyi weitergeht. Derzeit ist nicht damit zu rechnen, dass zu dessen 52 Länderspielen weitere hinzukommen. (dpa)