Hertha-Krise: Nun schimpft Kapitän Friedrich

Nun meckert der Mannschaftskapitän: Mit von ihm ungewohnter Heftigkeit hat Arne Friedrich die Chaos-Wochen bei Hertha BSC Berlin kommentiert. Zudem möchte er nicht nach der Entlassung von Coach Lucien Favre als Königsmörder gelten.

Dem “kicker” sagte der Nationalspieler vor der Partie des Bundesliga-Letzten in der Europa League bei Sporting Lissabon: “Was da läuft, ist eine Sauerei und vereinsschädigend. Ich werde mich wehren und nicht als Prügelknabe herhalten.”

Der Defensivmann musste sich in Lissabon bohrende Fragen gefallen lassen. Nach dem 1:5-Debakel der Hauptstädter bei 1899 Hoffenheim hatte Friedrich wegen eines Blutergusses im Training gefehlt, seine Mannschaftskollegen schwiegen abgesehen von Routinier Pal Dardai. Vor Favres Abschied hatte dessen Assistent Harald Gämperle den Profis vorgeworfen, Trainer, Verein und Fans im Stich zu lassen. Das sei nicht in Ordnung gewesen, weil es nicht stimme, sagte Friedrich.

Er habe noch nie gegen einen Trainer gespielt, konterte der 30- Jährige: “Wer mich kennt, weiß, dass ich absolut loyal bin.” Friedrich findet Vermutungen absurd, er könnte absichtlich Gegner nicht am Toreschießen hindern. “Glaubt im Ernst jemand, ich würde (…) meine WM-Teilnahme in Gefahr bringen?”, fragte der 67-malige Nationalspieler, der bei aller Selbstkritik über seine derzeitige Leistung fest davon ausgeht, dass ihn Bundestrainer Joachim Löw für die entscheidenden WM-Qualifikationsspiele in Russland und gegen Finnland nominieren wird.

Das Verhältnis zu Favre hatte am Ende der vorigen Saison schwer gelitten, als ihn der Schweizer nach einer überstandenen Verletzung im Saison-Endspurt um den Titel nicht mehr aufstellte. “Seine Entscheidung war damals natürlich komplett falsch“, meinte Friedrich. Das habe aber nichts mit der aktuellen Entwicklung zu tun, in der die Ergebnisse nicht mehr gepasst hätten.

Von einem Dialog mit Favre, in dem der ihm die Fähigkeit als Abwehrchef abgesprochen habe, wisse er nichts, sagte Friedrich in Lissabon. Favre und Sport-Geschäftsführer Michael Preetz hätten um Rat gefragt, als der nun geschasste Trainer keinen mehr gehabt habe. “Ich ducke mich hier nicht weg, sondern nehme meine Rolle als Kapitän ernst“, sagte Friedrich, der nicht der Sündenbock sein will.

Nach der Sonntags-Pleite in Hoffenheim hatten in Berlin auch schnell Fan-Äußerungen die Runde gemacht, der Verteidiger habe bei den mitgereisten Anhänger die fehlenden Deutsch-Kenntnisse von Mitspielern beklagt. “Das habe ich gesagt – und dazu stehe ich“, erklärte Friedrich im “kicker” und kritisierte, die Verantwortlichen hätten längst eingreifen müssen. Allerdings sei dies nur ein Puzzle- Teil der Gesamtlage beim Tabellen-Letzten, der am Sonntag Bundesliga- Spitzenreiter Hamburger SV erwartet.

Ob dann Karsten Heine noch einmal als Interimscoach fungieren wird, ist offen. Mehrere angebliche Trainerkandidaten dementierten Anfragen aus Berlin. “Ich hatte bislang keinen Kontakt zu Hertha, das können Sie mir glauben“, ließ Friedhelm Funkel die “Berliner Zeitung” wissen. Dieter Hecking und der Ex-Herthaner Kjetil Rekdal klangen ähnlich, Mirko Slomka mochte sich nicht äußern.