Herbstmeister Hoffenheim geht am Stock

Der am Ende der Hinrunde noch so stolze Herbstmeister 1899 Hoffenheim kommt am Stock daher und leckt nach dem fünften Remis hintereinander und zwei hinzugekommenen Verletzten seine Wunden.

Es ist brutal, vor allem für die Spieler“, sagte Coach Ralf Rangnick zu den langfristigen Ausfällen seiner beiden Defensivakteure Andreas Ibertsberger und Matthias Jaissle beim 2:2 (1:1) gegen Hannover 96. “Diese Nachricht überlagert auch die Tatsache, dass wir wieder nur einen Punkt geholt haben. Für uns ist es leider fast normal, dass wir jede Woche eine Hiobsbotschaft erhalten.” Das Thema Meisterschaft nimmt beim Tabellenfünften keiner mehr in den Mund, dafür redet man nur noch über die Personalsorgen. “Alle sind richtig traurig wegen der verletzten Spieler“, teilte Psychologe Hans-Dieter Hermann aus der Kabine mit und versprach: “Die Mannschaft wird ihren guten Teamgeist unter Beweis stellen.”

Hermann selbst ist kommende Woche mit der Nationalmannschaft unterwegs, zu dessen Betreuerteam er gehört. Telefonisch will er sich jedoch um seine “Patienten” in Hoffenheim kümmern. U 21- Auswahlspieler Jaissle, der laut Rangnick schon im Blickfeld von Bundestrainer Joachim Löw stand, zog sich einen Riss des vorderen Kreuzbandes im linken Knie zu und fällt für den Rest der Saison aus. Ibertsberger erlitt einen Innenbandriss – mindestens fünf Wochen Zwangspause. Wie sehr der Aufsteiger seine Offensivspezialisten Vedad Ibisevic, Chinedu Obasi, Sejad Salihovic und Demba Ba vermisst, wurde gegen die harmlosen Hannoveraner überdeutlich. Auch der glänzende Regisseur Carlos Eduardo konnte dies nicht wettmachen, obwohl er seine Gegenspieler schwindelig spielte und in der 49. Minute am starken Torwart Robert Enke scheiterte, der sich für die beiden bevorstehenden Länderspiele empfahl.


Richtig wehtun könnte den Hoffenheimern auch noch eine Szene kurz vor der Halbzeit: Da streckte Mittelfeldspieler Luiz Gustavo bei einem Freistoß mit einem Ellbogenschlag in der Mauer Arnold Bruggink nieder, was Schiedsrichter Wolfgang Stark (Landshut) entgangen war. “Ich habe so viele Rote Karten in dieser Saison gesehen. Wenn das keine war….”, ärgerte sich 96-Trainer Dieter Hecking. Das könnte jedenfalls ein Nachspiel für die Nordbadener haben, für die die Partie unter dem Motto stand: Schmerz lass’ nach, Schreck lass’ nach. Nachdem Selim Teber mit einem Elfmetertor für die Führung gesorgt hatte (20.), traf Hannover zweimal wie aus dem Nichts: Hanno Balitsch (22.) und Mario Eggimann (74.) drehten den Spieß um, ehe der eingewechselte Wellington (84.) wenigstens noch einen Punkt rettete.

Der oft gescholtene Innenverteidiger Eggimann hatte auf die Zähne gebissen: Wegen einer stark blutenden Platzwunde trug er einen Stirnverband, was ihn aber nicht daran hinderte, den Ball per Kopf zur Führung ins Hoffenheimer Netz zu wuchten. “Wir gehen heute erhobenen Hauptes nach Hause – auch wenn das Haupt schmerzt“, meinte der Schweizer später grinsend. Zwar wartet die “Schießbude der Liga” (52 Gegentore) weiter auf den ersten Auswärtssieg in dieser Saison, doch Hecking kann wieder ruhiger schlafen. Eine Trainerdiskussion, versicherte Präsident Martin Kind zwar lächelnd, aber deswegen nicht überzeugender, “hätte es bei uns sowieso nicht gegeben“.