Fabregas soll Spanien zum EM-Titel führen

In der englischen Premier League ist er Leistungsträger beim FC Arsenal, in Spaniens National-Team nur “Edelreservist”. Wohl dem, der es sich leisten kann einen derart hochtalentierten Fußball-Spieler wie Francesc Fabregas Soler bei der Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz nur sporadisch einzusetzen.

Doch im Finale am Sonntag (20:45) in Wien gegen die deutsche Nationalelf könnte nun die Stunde des erst 21-Jährigen schlagen. So wie es derzeit aussieht, wird Fabregas den verletzten Top-Torjäger David Villa ersetzen.

Am Abend vor der Partie gab es zwar noch Spekulationen, dass der viermalige EM-Toschütze nach einer “Wunderheilung” doch spielen könne. Aber der scheidende Coach Luis Aragonés signalisierte, dass er sich kaum noch Illusionen macht. Villa plagt sich mit einem kleinen Riss in der Muskulatur des rechten Oberschenkels herum.

Die Nachricht, das Michael Ballack voraussichtlich nicht auflaufen kann, kam natürlich auch im Lager der Spanier an. Carles Puyol, Chef der Defensivabteilung, drückt dem Deutschen sogar die Daumen, dass er rechtzeitig einsatzfähig wird. “Ich bin Fußballer. Es würde mir sehr leid tun, wenn er bei so einem Spiel nicht dabei wäre.” “Aber derjenige, der ihn ersetzt, wird versuchen, noch mehr geben“, so Aragonés. Besonderen Respekt habe der Übungsleiter vor der körperlichen Überlegenheit der DFB-Kicker. “Sie sind sehr groß. Das könnte uns Probleme bei hohen Bällen machen. Aber eine Leiter mitzunehmen, wird nicht gehen.”


Schlussmann Iker Casillas ist zuversichtlich nach 44 Jahren endlich wieder einen Titel einzufahren und erklärte die Mission kurzerhand zur nationalen Ehrensache: “Ich fühle mich verantwortlich für 44 Millionen Spanier.” Auch der Coach hob die große Bedeutung des Spiels hervor: “Der Zweite wird schnell vergessen. Fast zu siegen, ist nicht genug. Wir müssen gewinnen.”

Das man sich auf Fabregas verlassen kann, konnte er eindrucksvoll beweisen. Einzig im bedeutungslosen Gruppenspiel gegen Griechenland durfte er von Beginn an ran, in den anderen vier EM-Spielen griff er erst später in das Geschehen ein. Und wie: Im Viertelfinale gegen Weltmeister Italien konnte der 21-Jährige den entscheidende Elfer im Elfmeterschiessen verwandeln. Im Halbfinale gegen Russland, als er nach 35 Minuten den verletzten Villa ersetzte, riss Fabregas die Partie sofort an sich.

Unser Spiel hat sich mit ihm verändert. Wir standen mit fünf Mittelfeldspielern kompakter und konnten besser unser schnelles Kurzpassspiel aufziehen. Dank der Präsenz von Fabregas hatten wir den Gegner unter Kontrolle“, so der Trainer. In der 73. Minute leitete er das Spielgerät glänzend zu Daniel Güiza weiter, der das 2:0 markierte. Auch den dritten Treffer bereitete Fabregas herrlich vor. Als fünftes Rad am Wagen fühle er sich ohnehin nicht. “Ich sehe mich nicht als Reservisten, sondern als gleichwertigen Teil dieses Teams.”

Experten halten es für sicher, dass Aragonés dem Supertalent auch gegen die DFB-Elf vertraut. Auch wenn der Coach das nicht verraten wollte. “Er ist ein wichtiger Spieler. Aber es gibt auch andere Optionen.”


Nachdem Fabregas sich im Vorjahr unglaublich positiv entwickelte, verglich sein Clubcoach Arsène Wenger ihn schon mit Frankreichs früherem Ballvirtuosen Michel Platini. Wie der jetzige UEFA-Präsident agiert Fabregas nicht nur als Denker und Lenker. Auch seine Abschlussschwäche hat er erfolgreich bekämpft. In der abgelaufenen Premier-League-Saison gelangen ihm sieben Tore, in der Champions League traf er sechsmal.

Sollte der Katalane auch im Finale die Akzente setzen und seine Elf auf Europas Thron führen, wäre nicht nur König Juan Carlos, der das Endspiel zusammen mit Königin Sofía im Ernst-Happel-Stadion erleben wird, entzückt. Ein Platz in Spaniens Fußball-Historie wäre Fabregas sicher. Noch denkt der Jungprofi nicht darüber nach. “Wir wollen den Moment genießen, wie die Kinder, die im Park spielen.” (dpa)