Deutschland schlägt Portugal und erreicht EM-Halbfinale

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist wieder zurück – mit einem riskanten System hat der DFB-Trainerstab um den gesperrten Coach Joachim Löw, der die Partie in der Loge verfolgen musste, Portugal mit 3:2 (2:1) überrumpelt.

Die DFB-Elf um den überragenden Bastian Schweinsteiger hat in Basel den Top-Favoriten im Viertelfinale aus dem EM-Turnier katapultiert und steht erstmals seit zwölf Jahren wieder in einem Halbfinale einer Europameisterschaft.

Zum ersten Mal bei der EM 2008 in Österreich und der Schweiz präsentierte sich die DFB-Truppe als ein Kandidat auf den Titel. Die 39.730 Fußball-Fans, darunter rund 12.000 deutsche Schlachtenbummler, im Basler St. Jakobs-Park sahen Tore von Schweinsteiger (22.), Miroslav Klose (26.) und Michael Ballack (61.). Der Halbfinalgegner am kommenden Mittwoch wird am morgigen Freitag in der Partie Kroatien gegen die Türkei ermittelt. Die Treffer für den Vize-Europameister von 2004 besorgten Nuno Gomes (40.) und Helder Postiga (87.), der die DFB-Elf zum Ende hin noch einmal kräftig zittern ließ.


Nach einer überwiegend schwachen Vorrunde war die Mannschaft von Jogi Löw kaum wiederzuerkennen und zeigte sich körperlich und geistig bestens eingestellt. Die durch Verletzung von Torsten Frings (Rippenbruch) und zuletzt nicht überzeugenden Leistungen einiger Akteure durchgeführten Umstellungen zeigten beim Kraftakt gegen die ausgeruht ins Spiel gegangenen Portugiesen die erhoffte Wirkung. In einem kompakten Mittelfeld sorgten die neu gebrachten Simon Rolfes und Thomas Hitzlsperger auch nach Hinten zusätzlich für Sicherheit und entlasteten Ballack.

Herausragender Spieler war Bastian Schweinsteiger, der im Spiel um Platz drei bei der WM 2006 mit zwei Treffern gegen Schlussmann Ricardo bereits zum Portugal-Schreck geworden war. Nach abgesessener Rot-Sperre gegen Österreich sprühte der Profi vom FC Bayern München nur so vor Spielfreude und war zudem an allen drei Toren beteiligt. Sein 14. Tor im Nationalmannschafts-Trikot erzielte er nach glänzender Vorarbeit von Kumpel Lukas Podolski, dem von seiner Wadenverletzung nichts anzumerken war. Auch Miroslav Klose kam endlich im Turnier an. Der Stürmer überwand nach 375 torlosen Minuten seine Ladehemmung und traf zum 40. Mal im DFB-Trikot ins Schwarze.

Matchwinner Bastian Schweinsteiger bejubelt
seinen Treffer gegen Portugal

Mannschaftskapitän Michael Ballack schien sich in seiner etwas offensiverer Rolle sichtlich wohler zu fühlen. Er verteilte klug die Bälle, war beteiligt am Führungstreffer und sorgte mit seinem 38. Länderspieltor für die Entscheidung. Ein großes Pensum leistete die Defensive, in der Arne Friedrich und Lahm auf den Außenpositionen gegen Simao und Cristiano Ronaldo jederzeit hellwach waren. Trotz allem war es gegen spielstarke Portugiesen nicht immer möglich, Zuspiele in die Spitze zu verhindern. Im Deckungszentrum hatten Christoph Metzelder und Per Mertesacker viel Mühe, nicht die Übersicht zu verlieren.


Der gesperrte Löw hatte unmittelbar nach der Ankunft der Mannschaft am Stadion das Kommando an seinen Assistenten Flick abgetreten und war von einem UEFA-Offiziellen auf die Tribüne geleitet worden. Von seinem Platz in einer VIP-Loge aus sah der 48- Jährige, der bis zehn Minuten nach Ende der Partie keinen Kontakt zu seinen Spielern haben durfte, eine sehr konzentriert beginnende DFB- Elf. Auf dem frisch verlegten Grün des St. Jakobs-Parks, das eher einem Flickenteppich glich, gaben Ballack und Co. gegen den in Bestbesetzung angetretenen Vize-Europameister keinen Ball verloren.

Gleich die erste gelungene Kombination, führte zum 1:0. Nach sehenswertem Zusammenspiel mit Ballack rannte Podolski auf der linken Außenbahn zwei Portugiesen davon und spielte scharf und flach nach innen, wo sein Team-Kollege von FC Bayern Schweinsteiger nur noch seinen Fuß hinhalten musste. Nur vier Minuten später war es dann Schweini, der mit einer mustergültigen Freistoß-Flanke auf Klose das 2:0 einleitete. Die mitgereisten deutschen Fans, die ihrem Team das erste “Heimspiel” bei der EURO bescherten, waren schier aus dem Häuschen.

Bis fünf Minuten vor der Pause konnte das deutsche Team die Portugiesen gut vom Tor fernhalten, kassierte dann aber doch noch den Anschlusstreffer. Nach einem Stellungsfehler von Mertesacker lief Cristiano Ronaldo alleine auf Lehmann zu, der den Schuss zwar noch gut parieren konnte, doch gegen den aufgerückten Nuno Gomes war er ohne Chance. Sekunden vor dem Pausenpfiff hätte Ronaldo beinahe aus spitzem Winkel noch den Ausgleich erzielt.

Nach dem Seitenwechsel geriet die Defensivabteilung der Löw-Truppe zusehens unter Druck, weil sie besonders Deco zu viele Freiheiten ließ. In dieser Phase der Partie war aber Jens Lehmann, der sich von Spiel zu Spiel steigert, ein sicherer Rückhalt. Mit der ersten Chance der zweiten 45 Minuten stellte die deutsche Elf dann den alten Abstand wieder her – und erneut war Schweinsteiger mit einem Freistoß Ausgangspunkt. Diesmal landete das Spielgerät bei Ballack, der sich mit einem kleinen Schubser den genügenden Freiraum verschaffte und zum 3:1 einköpfen konnte.

Michael Ballack (l) lässt Portugals
Keeper Ricardo keine Chance

(dpa)