Nächster Dämpfer: HSV geht langsam die Puste aus

Anfang der Woche herrschte in Hamburg noch Euphorie pur, einige Tage später Ernüchterung. Müde, abgekämpft, besiegt und verärgert schlichen die Akteure der Norddeutschen nach der 0:2 (0:1)-Schlappe bei Borussia Dortmund vom Platz.

Am Ende der schwarzen Woche mit dem Ausscheiden aus dem DFB Pokal gegen Werder und der schon achten Liga-Niederlage in der Fremde war von der Zuversicht auf ein glorreiches Saisonfinale nicht mehr viel übrig. Nicht minder nachdenklich als seine Spieler wirkte da auch Chef-Coach Martin Jol: “Die Gefahr ist groß, dass wir alles verspielen.”

Sportchef Dietmar Beiersdorfer versuchte, die angekratzte Moran mit Durchhalteparolen wieder aufzubessern: “Wir dürfen jetzt nicht die Flinte ins Korn werfen. Bislang spielen wir eine grandiose Saison.” Doch ausgerechnet in der entscheidenden Saison-Phase scheint dem HSV die Puste auszugehen. Schon zieht man Vergleiche mit der tragischen Leverkusener Mannschaft, die 2002 kurz vor dem Saisonende drei mögliche Titel verspielte.


Gelingt dem HSV auch im Halbfinal-Hinspiel des UEFA-Cups am Donnerstag gegen den derzeitigen Dauerrivalen Bremen keine Trendwende, könnte dieser Vergleich Realität werden. Jol mochte im Anschluss an das 0:2 von Dortmund zwar noch nicht an einen vorentscheidenden Rückschlag im Titelrennen glauben, sprach aber Klartext: “Wer Meister werden will, muss mehr Tore schießen und mehr Auswärtsspiele gewinnen.”

Den Frust bekam vor allem Schiedsrichter Michael Kempter zu spüren. Obwohl dessen Elfmeterpfiff in der Schlussminute nachvollziebar und nicht spielentscheidend war, monierten die Hamburger die Unerfahrenheit des Referees: “Der ist doch erst 26 Jahre alt. Das gibt es in ganz Europa nicht“, schimpfte Jol.

Die BVB-Torschützen Sebastian Kehl (32.) und Alexander Frei (90./Foulelfmeter) brachten den HSV um das erhoffte Erfolgserlebnis. Zwar mühte er sich gegen die wiedererstarkte Borussia redlich, konnte aber nach dem kräftezehrenden Elfmeter-Krimi am Mittwoch gegen Bremen die Niederlage in der Schlussphase nicht mehr abwenden. “Wir haben eine Reaktion gezeigt, leider nicht vom Ergebnis her. Dennoch sind wir in der Lage, noch viel zu erreichen“, befand Jol.

Wie Jol hielt auch Kapitän David Jarolim das Gerede von einem psychologischen Tiefschlag zur Unzeit für übertrieben. Vielmehr hegte er schon in Dortmund mit Blick auf die nächste Partie gegen Bremen Revanchegelüste: “Wir haben jetzt fünf Tage Zeit zu regenerieren, das ist Luxus für uns. Am Donnerstag werden wir wieder frisch sein.”

Noch während die Hamburger nach Erklärungen für das 0:2 suchten, ließ sich BVB-Trainer Jürgen Klopp vor der Südtribüne des ausverkauften Stadions feiern. Nach fünf Siegen in Serie genießt er beim BVB einen ähnlichen Kultstatus wie zuvor bei seinem ehemaligen Club in Mainz. Schließlich gelang der Borussia eine vergleichbare Serie zuletzt in der Meistersaison 2001/2002, als sie unter der Regie von Trainer Matthias Sammer sechs Erfolge nacheinander feierte.


Doch anders als damals machte der BVB diesmal trotz der maximalen Ausbeute von zuletzt 15 Punkten in der Tabelle seit dem 25. Spieltag lediglich zwei Plätze gut und liegt noch immer fünf Zähler von einem Europapokal-Platz entfernt. Dieses seltene Phänomen konnte dem BVB- Coach jedoch nicht den Glauben an ein Happy End nehmen: “Das ist ein Spiegelbild des richtigen Lebens. Harte Arbeit wird nicht immer sofort belohnt. Aber irgendwann macht sie sich bezahlt.”