HSV verliert Martin Jol an Ajax Amsterdam

Schock bei allen HSV-Fans: Die “neue Ära”, die mit Coach Martin Jol eingeläutet wurde, ist nach nach nur einem Jahr zerplatzt wie eine Seifenblase.

Nach nur einer Spielzeit verlässt der Niederländer den Bundesliga-Dino in Richtung des niederländischen Rekordmeisters Ajax Amsterdam. “Wir hatten gemeinsam ein sehr gutes, intensives Jahr. Über die Zukunft gab es jedoch unterschiedliche Auffassungen“, so der Fußball-Lehrer auf der Homepage der Hanseaten, nachdem man in Hamburg die letzten Einzelheiten der Auflösung des bis 2010 laufenden Kontraktes geklärt hatte.

Club-Boss Bernd Hoffmann, für den der Wechsel Jols “absolut überraschend” kam, meinte “unterschiedliche Vorstellungen” über die “zukünftige Ausrichtung” waren der Grund, der zur Trennung führte. Während Hoffmann sich für ein vorsichtiges Vorgehen in Sachen Transfers und eine “Risikobereitschaft nur in wirtschaftlich vertretbarem Maß” aussprach, wollte Jol eine aggressive Einkaufspolitik und die Verpflichtung von millionenteuren Topstars. Dieser Wunsch wird ihn wohl nun in seinem Heimatland erfüllt. “Ich habe ein Angebot von Ajax Amsterdam erhalten, das langfristig eine sehr reizvolle Aufgabe darstellt und mir eine gute persönliche Perspektive bietet“, so Jol, der beim Traditionsverein als Nachfolger von Bondscoachs Marco van Basten kommt.

Bei der Einigung im Hotel Gastwerk dürfte am Nachmittag der Knackpunkt gewesen sein, ob und in welcher Höhe für den 53-Jährigen eine Ablösesumme fällig war. Naturgemäß schwiegen sich beide Parteien dazu aus, ganz ohne Entschädigung wird der HSV Jol nach nur 53 Pflichtspielen wohl aber nicht aus seinem Kontrakt gelassen haben.

Heißester Kandidat für die Jol-Nachfolge ist nach Informationen der “Hamburger Morgenpost” der frühere Schalke-Coach Mirko Slomka. “Natürlich würde ich mich über einen Anruf aus Hamburg sehr freuen“, sagte Slomka “abendblatt.de”. Auch über die Bundesliga-Trainer Jürgen Klopp und Bruno Labbadia soll offenbar nachgedacht werden. Hoffmann betonte, man habe nun die Chance, frühzeitig zu planen und “einen der attraktivsten Arbeitsplätze Europas zu vergeben“. 177 Tage – wie beim Huub-Stevens-Nachfolger Jol geschehen – darf die Trainersuche aber nicht dauern. Die Club-Spitze werde “schnell einen guten Trainer für den HSV finden“, versprach Hoffmann.

Für die Fans ist der spektakuläre Abschied des Publikumslieblings drei Tage nach dem Erreichen des Saison-Minimalziels Europa League ein Schock. Schließlich sind die Hanseaten – trotz der bitteren 19 Derby-Tage gegen Werder Bremen – unter Jols Regie aufgeblüht. Die Hamburger erreichten erstmals seit 26 Jahren wieder ein Europapokal- Halbfinale, zudem standen sie in der Vorschlussrunde des DFB-Pokals und spielten lange um die deutsche Meisterschaft mit. Bundestrainer Joachim Löw bedauerte Jols Abschied, da sich der HSV unter dem “hervorragenden Trainer” weiterentwickelt habe. “Er hat neue Ideen und Impulse nach Deutschland gebracht“, sagte Löw.

Bereits eine Woche zuvor soll es erste Gespräche zwischen Jol, der wohl Mitglieder seines Trainerstabs nach Amsterdam mitnehmen wird, und Ajax gegeben haben. Noch vor zwei Wochen hatte der Ex- Bayern-Profi gesagt, er könne sich vorstellen, “noch drei, vier Jahre” an der Elbe zu arbeiten, sofern er die Perspektive sehe, “etwas Großes zu erreichen“. Habe er diese Perspektive nicht, “dann bin ich enttäuscht, böse, frustriert“, sagte Jol dem Magazin “11Freunde”.

Jols Weggang ist eventuell nicht die letzte Sommer-Personalie beim HSV. Denn nach Informationen von “Spiegel Online” soll in der Clubspitze über einen Nachfolger für den mit seinen Winter-Zugängen glücklosen Beiersdorfer nachgedacht werden. Angeblich soll Aufsichtsratsmitglied Sergej Barbarez als Kandidat bereitstehen.

Am 21. Mai 2008 war Jol nach der schier unendlichen Trainersuche von 177 Tagen von Hoffmann als «absolute 1A-Wahl» vorgestellt worden, mit der eine «neue Ära» eingeleitet werden sollte. Daraus wurde nichts. Jol will immerhin nicht alle Zelte in der Hansestadt abbrechen: «Ich werde mein Haus hier behalten und immer wieder gerne nach Hamburg zurückkehren.»